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50 Jahre ECM Records – Digitalisierte Raritäten von ECM und JAPO, Teil 3

Erstmals im digitalen Format erscheinen vergriffene ECM-Klassiker von u.a. Michael Naura, Jack DeJohnette, Enrico Rava und Gary Burton.
Michael Naura - Vanessa
Michael Naura - Vanessa
01.08.2019
Zu seinem 40. Jubiläum vor zehn Jahren brachte ECM Records eine ganze Reihe von historischen Einspielungen erstmals im digitalen Format heraus. Viele dieser Alben konnte man davor nur auf speziellen Raritätenbörsen zu Sammlerpreisen oder mit viel Glück als teure Japan-Importe bekommen. Einige der Aufnahmen waren ursprünglich auf dem ECM-Sublabel JAPO (Jazz by Post) erschienen, das zwischen 1971 und 1985 existiert hatte und für das neben Manfred Eicher oft der spätere Konzertagent Thomas Stöwsand (der 2006 verstarb) oder Steve Lake als Produzenten verantwortlich zeichneten. Dieses Jahr feiert das Label sein 50. Jubiläum und wird die Reihe aus diesem Anlass nun mit insgesamt 40 weiteren eAlben fortsetzen.
Michael Naura – Vanessa (1975 / ECM 1053)
Ein weitverbreitetes Vorurteil besagt, dass Musikkritiker eigentlich verhinderte Musiker sind. Der 2017 verstorbene Michael Naura hat bewiesen, dass er sowohl ein glänzender Musikkritiker als auch ein exzellenter Jazzpianist war. Einen Namen hatte er sich in den 1950er und 60er Jahren zunächst mit Swing und Hardbop gemacht. Auf “Vanessa”, seinem einzigen Soloalbum für ECM, zeigte Naura dann 1974, wie sehr er sich seitdem entwickelt und von stilistischen Zwängen befreit hatte. Verdeutlicht wurde dies allein schon durch die ungewöhnliche Quintett-Besetzung mit dem Vibraphonisten Wolfgang Schlüter, Bassist Eberhard Weber, Schlagzeuger Joe Nay und vor allem dem Fagottspieler Klaus Thunemann, der hier zum heimlichen Star des Ensembles avancierte.
Jack DeJohnette’s Directions – Untitled (1976 / ECM 1074)
Nachdem er zuvor schon als Duo-Partner von Keith Jarrett, Mitglied des Gateway-Trios sowie Sideman von John Abercrombie, Steve Kuhn und Kenny Wheeler bei ECM in Erscheinung getreten war, schlug für den Schlagzeuger Jack DeJohnette 1976 die Stunde, sein erstes Album unter eigenem Namen bei dem Label vorzulegen. “Untitled” präsentierte ihn in der illustren Gesellschaft von Gitarrist John Abercrombie, Saxophonist Alex Foster, Keyboarder Warren Bernhardt und Bassist Mike Richmond. DeJohnette selbst ist nicht nur am Schlagzeug, sondern auch am Tenorsax zu hören.
Tom van der Geld, Bill Connors & Roger Jannotta – Path (1979 / ECM 1134)
Neben den (nun ebenfalls digitalisierten) Alben, die er für ECM mit seinem Ensemble Children At Play eingespielt hatte, nahm der Vibraphonist Tom van der Geld 1979 auch ein atemberaubend impressionistisches Trio-Album mit dem Gitarristen Bill Connors und dem Holzbläser Roger Janotta auf. Zum Repertoire steuerte Connors, der kurzeitig Chick Coreas bahnbrechender Fusionband Return To Forever angehört hatte, mit “Joujou” eine eigene Komposition bei.
Enrico Rava Quartet – Ah (1980 / ECM 1166)
“Fühlen Sie sich etwas angeschlagen?”, begann Tyran Grillo seine Rezension dieses Albums in dem Blog ECM Reviews. “Dann machen Sie sich bitte locker und sagen ‘Ah’, denn Doktor Rava hat Sprechstunde. Diese nach einem warmen Regentag riechende Session ist das perfekte Klangelixier für das, was Sie bedrückt.” Begleitet wurde der Trompeter bei diesen wunderbaren Aufnahmen von dem Pianisten Franco D’Andrea, dem Bassisten Giovanni und dem in Miami beheimateten Schlagzeuger Bruce Ditmas, der eine Zeit lang in Italien lebte.
Gary Burton Quartet – Easy As Pie (1981 / ECM 1184)
Das im Juni 1980 eingespielte Album “Easy As Pie” stellte für Gary Burton einen Aufbruch zu neuen Ufern dar. Denn in sein Quartett, in dem der Vibraphonist zuvor meist mit Gitarristen zusammengearbeitet hatte, holte er für diese Session als neue Stimme erstmals den Altsaxophonisten Jim Odgren. Komplettiert wurde die Besetzung durch den Bassisten Steve Swallow und den Schlagzeuger Mike Hyman. “Das Repertoire ist stärker und weniger introvertiert als gewohnt”, urteilte Scott Yanow im All Music Guide. “Swingende Abschnitte wechseln sich nachdenklicheren Stücken ab, was dazu führt, dass dieses Programm besonders rund wirkt.”
First Avenue – First Avenue (1981 / ECM 1194)
Ins Leben gerufen wurde das Projekt First Avenue von drei Musikern, die anfangs bei Auftritten der American Contemporary Dance Company spontane Bühnenmusik produzierten, aber schon bald auch als Trio eigenständige Konzerte gaben. Ihr einziges gemeinsames Album spielten Altsaxophonist, Bassklarinettist und Flötist Denney Goodhew, Cellist Eric Jensen sowie der Trompete, Flügelhornist und Waterphone-Spieler James Knapp 1980 für ECM ein. Zu hören ist das Trio mit höchst harmonischen, weitläufigen Improvisationen, deren Faszination man sich nur schwer entziehen kann.
Ulrich P. Lask – Lask (1982 / ECM 1217)
“Nehmen Sie ein wenig Mr. Bungle, mischen Sie etwas Elliot Sharp darunter, fügen Sie einen Schuss Claudia Phillips hinzu, und Sie könnten vielleicht etwas erhalten, das dieser erstaunlich eigenwilligen Rarität von 1982 nahekommt”, meinte Tyran Grillo in seinem Blog ECM Reviews. Die Rede ist von dem Album “Lask”, das der Altsaxophonist und Synthesizerspieler Ulrich P. Lask im November 1981 mit der schottischen Vokalistin Maggie Nicols und dem Schlagzeuger Meinolf Bauschulte für ECM einspielte.Der deutsche Kritiker Michael Rüsenberg bezeichnete das Album als “einen genialen Wurf” und schrieb: “Eine für den Jazz bahnbrechende Symbiose aus der Stechuhr-Ästhetik der damals aufschäumenden (Sequencer-)Elektronik mit der durch kein Zeitkorsett zu bändigenden Vokal-Artistik einer Maggie Nichols.”
Hajo Weber & Ulrich Ingebold – Winterreise (1982 / ECM 1235)
Ein weiteres obskures ECM-Juwel, das seit langem als verschollen gilt. “Winterreise” ist ein filigranes, poetisches Tagebuch der beiden deutschen Akustikgitarristen Hajo Weber und Ulrich Ingebold. Es zählt noch heute neben Bill Connors’ “Theme To The Gaurdian” und Ralph Towners “Solo Concert” zu den stimmungsvollsten Gitarrenwerken von ECM.
OM – Kirikuki (1975 / JAPO 60012)
“Kirikuki” war 1975 das erste von insgesamt vier aufregenden Alben, die die Schweizer Band OM für den ECM-Ableger JAPO eingespielt hat. Das Ensemble war 1972 von dem ursprünglich aus Irland stammenden Gitarristen Christy Doran mit dem Saxophonisten Urs Leimgruber, dem Bassisten Bobby Burri und dem Schlagzeuger Fredy Studer gegründet worden. Stilistisch bewegte es sich ausgesprochen agil zwischen progressivem Jazz-Rock und Improvisationsmusik. Die Band hat schon vor geraumer Zeit Kultstatus erlangt und kommt gelegentlich noch für Auftritte zusammen.
Contact Trio – Musik (1981 / JAPO 60036)
Drei Jahre nach dem Album"New Marks" brachte das Contact Trio um den Gitarristen Evert Brettschneider bei JAPO noch ein zweites Album heraus. Mit von der Partie war erneut Gründungsmitglied und Bassist Alois Kott. Für den inzwischen ausgeschiedenen Schlagzeuger Michael Jüllich hatte man mit Peter Eisold gleichwertigen Ersatz gefunden.