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Riff für die Insel – Welche LP würden Sie mitnehmen?

ONE LP - 2016 - Fotocredit: onelp.com
ONE LP - 2016 - Fotocredit: onelp.com
22.01.2016
Wer kennt sie nicht, die Frage nach der Musik für die einsame Insel – ob man sie nun sich selbst oder anderen gestellt hat. Für sein ONE LP-Projekt hat sich der bekannte Fotograf William Ellis mit genau dieser Frage an ein Sammelsurium von Jazz-Musiker und -Musikerinnen gewandt. Im Unterschied zu den von Nick Hornby in “Hi Fidelity” etablierten Fünfer- und Dreier-Listen mussten sich die Befragten allerdings gnadenlos beschränken: Auf nur einen einzigen Albumtitel. Was Ellis' Projekt über diese kuratorische Strenge hinaus bemerkenswert macht, ist die Perspektive der Fragestellung. Ellis ging es nicht profan um Lieblingsalben, ästhetisch besonders formvollendete Cover-Gestaltungen oder astronomisch bepreiste Raritäten. Dem professionellen Momente-Festhalter ging es um etwas Weitreichenderes, Tiefgründigeres, Nachhaltigeres: Um die Beziehung, die sich zwischen einem Tonträger und seinem Besitzer entwickelt; um die Spuren, die Töne und Klänge hinterlassen haben. Kurz: Um eine Art Seelenbeschau.
Damit der Fotograf diesen Augenblick auch würde einfangen können, bat Ellis Legenden wie Kenny Burrell, Pat Martino und Al Jarreau, als auch solche, die sich anschicken, in deren Fußstapfen zu treten, mit eben jenem Album – egal ob als Vinyl, CD oder Streaming-Bundle – in den Händen für ein Portrait zu posieren. Die ebenso formlosen wie knappen Kommentare, mit Hilfe deren die Portraitierten ihre Wahl mit mehr oder minder expliziten Hinweisen auf die Bedeutung des jeweiligen Tonträgers erläutern, runden das Projekt ab und laden dazu ein, sich entweder mit den Portraitierten oder aber mit den von ihnen auserwählten Alben näher zu befassen.
Obwohl die gesamte Aufmachung des Projekts geradezu danach schreit, in Buchform veröffentlicht zu werden, ONE LP existiert derzeit noch ausschließlich als Ausstellungskonzept. Die Vernissage fand im Archive of Contemporary Music in New York statt, im Anschluss stellte Ellis seine Werke in Los Angeles aus. Einen Eindruck davon kann man sich aber auch machen, ohne dafür den Atlantik überqueren zu müssen – einige besonders gelungenen Schnappschüsse hat der Photograph auf der projekt-eigenen Website veröffentlicht, auf der in kurzen Audio-Clips auch die Kommentare der Portraitierten nachzuhören sind.