“Ich habe mein Leben lang Glück gehabt”, verriet Lalo Schifrin vor ein paar Jahren lachend in einem Interview. “Jorge Luis Borges hat einmal gesagt, dass Glück und Schicksal gleichbedeutend sind. Ich kann das sehr gut nachvollziehen, denn ich hatte Glück und auch mein Schicksal hat mich zu dem Musiker gemacht, der ich heute bin.” Natürlich gehörte mehr als nur Glück und Schicksal dazu, dass Lalo Schifrin zu einem der erfolgreichsten Film- und Fernsehkomponisten wurde. Selbst wer den Namen des in Argentinien geborenen Pianisten, Komponisten, Arrangeurs und Dirigenten nie gehört hat, dürfte einige seiner vielen unvergesslichen Melodien im Kopf haben. Sei es das Thema für “Mission: Impossible”, die Musik für die “Dirty Harry”-Filme mit Clint Eastwood, für “Bullitt” mit Steve McQueen oder für die Fernsehserie “Starsky & Hutch”.
Boris Claudio “Lalo” Schifrin wurde 1932 als Sohn einer klassischen Violinisten in Buenos Aires geboren. Ab seinem fünften Lebensjahr erhielt er klassischen Klavierunterricht vom Vater des weltbekannten Dirigenten und Pianisten Daniel Barenboim. Auf nachdrücklichen Wunsch seines Vaters, der aus eigener Erfahrung wusste, wie schwer es ist, als Musiker seinen Lebensunterhalt zu verdienen, begann Lalo nach der Schule ein Jurastudium. Da er jedoch bereits dem Musikvirus erlegen war, setzte er vier Jahre lang parallel und hinter dem Rücken seiner Eltern auch seine Musikstudien bei dem modernen argentinischen Komponisten Juan Carlos Paz fort. Dieser ermutigte den 20-jährigen Lalo wiederum, das Conservatoire de Paris zu besuchen, wo er bei Olivier Messiaen und Charles Koechlin studierte und sich nachts als Jazzpianist verdingte.
1956 kehrte Schifrin nach Buenos Aires zurück und gründete dort sein erstes eigenes Jazzorchester. Mit diesem trat er eines Abends – wie Glück und/oder Schicksal es wollten – vor Dizzy Gillespie auf, der sich auf einer Südamerikatournee befand. Dort komponierte Schifrin für den Trompeter die Suite “Gillespiana”. Das gleichnamige Album, das 1960 bei Verve Records erschien, machte den argentinischen Newcomer auf Anhieb in der New Yorker Jazzszene bekannt. Während er weiterhin als Pianist und Arrangeur für Gillespie tätig war, veröffentlichte er bei den Plattenfirmen Verve, MGM und Roulette Aufnahmen unter eigenem Namen. Seine Jazzleidenschaft verband er auf diesen Alben meist mit seinem lateinamerikanischen Musikerbe, ließ dabei auch immer wieder seine klassische Ausbildung durchschimmern. Darüber hinaus arbeitete er mit anderen Jazzgrößen wie Stan Getz, Jimmy Smith, Cannonball Adderley, Count Basie, Sarah Vaughan und Cal Tjader sowie der Bossa-Legende Luiz Bonfá zusammen.
Seine erste bekannte Filmmusik komponierte
Lalo Schifrin 1964 für den französischen Psychothriller
“Les félins” mit Jane Fonda und Alain Delon in den Hauptrollen. Als die Aufträge für Filmkompositionen danach immer zahlreicher wurden, zog Schifrin von der Jazzmetropole New York in die Filmmetropole Los Angeles um und begann dort eine neue Karriere. Obwohl er für seine Kompositionen fünf Grammys gewann, ging Schifrin bei den Oscar- und Emmy-Verleihungen trotz zehn Nominierungen stets leer aus. Erst 2018 bekam er von seinem Freund Clint Eastwood einen Ehrenoscar für sein Lebenswerk als Filmkomponist überreicht. Die
16-CD-Box “The Sound Of Lalo Schifrin”, die im vergangenen Dezember erschienen ist, erschließt die ganze musikalische Vielfalt seines schier unüberschaubaren Werks als Komponist, Arrangeur, Dirigent und Pianist.
Wie nun bekannt wurde, ist Lalo Schifrin am 26. Juni 2025 im Alter von 93 Jahren in einem Krankenhaus in Los Angeles an den Folgen einer Lungenentzündung gestorben.