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Nana trifft Bobby – Nana Mouskouris zweiter Jazz-Streich

“Nana Mouskouri in New York” gehörte zu den erfolgreichsten Wiederentdeckungen der Musikwelt. Jetzt kommt der Albumnachfolger auf CD heraus.
Nana Mouskouri album arranged and conducted by bobby scott
Nana Mouskouri album arranged and conducted by bobby scott
06.10.2017
Die griechische Sängerin Nana Mouskouri und der amerikanische Jazz-Musiker und Erfolgsproduzent Quincy Jones könnten musikalisch nicht unterschiedlicher sein – dachte man. Bis 1999 eine CD mit dem Titel “Nana Mouskouri in New York” erschien und nicht zuletzt in Deutschland ein enorm erfolgreiches Revival feierte. Denn aufgenommen worden war die Sammlung swingender Broadway-Songs und Balladen eigentlich bereits 1962. Mit der wiederveröffentlichten CD wurde Vielen erstmals bewusst, dass die Schlager- und Chansonsängerin auch eine hervorragende Interpretin amerikanischer Klassiker sein konnte.
Nun folgt eine weitere Überraschung: “Nana Mouskouri in New York” war nicht das einzige Album, das die Griechin damals mit einer Jazzlegende aufnahm. Das beweist die Wiederveröffentlichung von “Nana – Arranged & Conducted by Bobby Scott”. Manche Dinge brauchen scheinbar ihre Zeit. Das gilt ganz sicher für dieses Album, das erstmals 1965 erschien, damals aber längst nicht den berechtigten Erfolg fand. Jetzt ist es zurück und wird viele Hörer nicht nur überraschen, sondern mit seiner musikalischen Schönheit geradezu verzaubern.
Dabei muss Nana Mouskouri, 1934 auf Kreta geboren, ganz sicher niemandem mehr etwas beweisen. Im Gegenteil, einer vor zwei Jahren erhobenen Studie des Weltverbands der Phonoindustrie zufolge ist sie mit weltweit 300 Millionen verkauften Tonträgern und über 300 Goldenen, Platin- und Diamantenen Schallplatten nach Madonna die zweiterfolgreichste Sängerin aller Zeiten. Derart kalte Zahlen werden der Aura der Sängerin aber kaum gerecht, sind es doch vor allen Dingen ihre mädchenhaft zarte Stimme und bescheidene Ausstrahlung, die sie zum Star gemacht haben. In Deutschland vor allen Dingen als Schlagersängerin mit einer schier endlosen Folge von Hits wie “Weiße Rosen aus Athen” oder “Guten Morgen Sonnenschein”. Doch nicht nur in Deutschland war sie ein Star, in Frankreich wird sie als Chansonsängerin geliebt, in ihrer griechischen Heimat gilt sie als eine der ganz großen Folklore-Interpretinnen.
Und nun tritt ein Album in unser Blickfeld zurück, das damals ganz schlicht und unprätentiös “Nana” betitelt wurde, und auf dessen Cover eine blutjunge Nana Mouskouri mit nach innen gewandtem Blick so zart und zerbrechlich wirkt wie nie. Dabei wurde es in einer der wichtigsten, aber auch lautesten und aggressivsten Musikmetropolen der Welt aufgenommen: New York City. Zwei Musiklegenden waren im Hintergrund des Albums tätig, die eine kennt heute fast jeder, die andere ist – unberechtigterweise – nur Musikkennern ein Begriff: Quincy Jones und Bobby Scott. Quincy Jones, der als Jazztrompeter und Bigband-Leiter begann und heutzutage auch als Filmkomponist und vor allen Dingen Pop-Produzent (u.a. für Michael Jacksons Mega-Album “Thriller”) bekannt ist, war zur Zeit der Aufnahme von “Nana” Vize-Präsident beim Label Mercury Records. Einer seiner engsten Mitarbeiter war der geniale Arrangeur Bobby Scott, dem die herzzerreißend schönen Arrangements sowie die meistens Songs des Albums zu verdanken sind.
Der 1990 verstorbene Scott war das, was man ein “explosives Talent” nennt. Als hochemotionaler Mensch war er dafür bekannt, ständig anzuecken und mit vielen Menschen im Clinch zu liegen. Schon als Sechsjähriger spielte er perfekt Bach und studierte wenige Jahre später bereits Piano beim Debussy-Schüler Edvard Moritz. Aber genau wie Nana Mouskouri zog es auch ihn bald schon zu Jazz und Pop. 1960 schrieb er für das gleichnamige Broadway-Theaterstück das Lied “A Taste of Honey”, das es bald darauf auf die Debütalben der Beatles und von Barbra Streisand schaffte. Ein paar Jahre später nahm Trompeter Herb Alpert es im Easy-Listening-Stil auf, feierte einen Top-Ten-Hit und gewann drei Grammys damit. Ähnlich erfolgreich wurde auch Scotts Ballade, “He Ain’t Heavy, He’s My Brother”, die u.a. von den Hollies und Neil Diamond aufgenommen wurde.
Mitte der Sechziger Jahre hatte eine Folk-Music-Welle die USA überflutet, und Bobby Scott und Quincy Jones entschieden, das Album “Nana” stilistisch daran zu orientieren. Bobby Scott, dessen Kompositionen oft einen sehnsuchtsvollen, Folksong-artigen Touch hatten, war da voll in seinem Element. Nana Mouskouri, mit Folklore aller Herren Länder bereits bestens vertraut, sang seine Lieder mit einer unter die Haut gehenden Mischung aus mädchenhafter Unschuld, Klasse und Eleganz.
Mit heutigen Ohren gehört, ist das Album “Nana” ein außergewöhnliches Juwel aus einer Zeit, in der an großartigen Schallplatten kein Mangel herrschte. Mit seiner ungekünstelten Ausstrahlung und großen Emotionalität gelingt Nana Mouskouri und den elf Liedern auch heute noch, unter die Haut zu gehen. Es wundert nicht, dass Mouskouri, die heute, mit 83 Jahren, noch immer umjubelte Konzerte gibt, das Album zu ihren Liebsten zählt. Schön, dass es dank einer remasterten Wiederveröffentlichung mit Bonustracks jetzt noch einmal ein neues Publikum erreichen kann – als CD und 180gr-LP mit Download-Code.