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Maler mit der Gitarre – Zum Tod von Chuck Loeb

Im Alter von 61 Jahren erlag Gitarrist Chuck Loeb seinem Krebsleiden. In Deutschland war er nicht zuletzt durch seine Zusammenarbeit mit Till Brönner bekannt.
Chuck Loeb
Chuck Loeb(c) Fourplay Jazz
04.08.2017
International gefragter Musiker und zugleich ausgesprochener Familienmensch? Das klingt wie die Quadratur des Kreises. Der am letzten Montag gestorbene Gitarrist Chuck Loeb gehörte zu den wenigen, die es tatsächlich geschafft haben, beides unter einen Hut zu bringen. Seit 1980 mit der spanischen Sängerin Carmen Cuesta verheiratet, pendelte er – wenn er nicht für Aufnahmetermine und Tourneen durch die Weltgeschichte gondelte – zwischen seinem Geburtsort Nyack/New York und der Heimat seiner Frau hin und her. Entgegen kam ihm dabei in den letzten Jahren, dass er dank moderner Technik viele seiner Studiojobs von zu Hause erledigen konnte.
“Mein eigentlicher Background ist Pop- und Rockmusik”, verriet Loeb 2012 dem Magazin Guitar World. “Ich wuchs in den 1960ern auf, einer ergiebigen Zeit für die Musik. Es schien, als ob jede Woche eine bahnbrechende Aufnahme herauskam. In der einen Woche war es eine neue Platte von Cream, in der nächsten eine von Jimi Hendrix. Dann waren es die Beatles, die Stones oder Bob Dylan. Ich konnte es kaum abwarten zum Plattengeschäft zu rennen, um zu sehen, was in der Welt vor sich ging.”
Mit sechzehn Jahren entdeckte er dann den Jazz und fand neue musikalische Helden (obwohl er die alten niemals vergaß oder verleugnete): Wes Montgomery, George Benson, Pat Martino und John McLaughlin. “Ich glaube, manche Leute tragen den ‘Jazz’ einfach in sich”, erinnerte sich Loeb. “Das mag komisch klingen, aber ich denke, es ist wahr. Ich hörte Jazz und mir ging ein Licht auf; ich wusste sofort, dass es das war, was ich machen wollte.”
Also vertiefte er sich ins Studium der Gitarre, nahm auch privaten Unterricht bei Jim Hall und Pat Metheny und besuchte zwei Jahre lang die Talentschmiede des Berklee College in Boston. 1976 ging Loeb nach New York, um sich ins Getümmel der wettbewerbsstärksten Jazzszene der Welt zu stürzen. Über die Bands des Schlagzeugers Chico Hamilton (bei dem sich einst schon Gábor Szabó und Larry Coryell ihre ersten Sporen verdient hatten) und des Perkussionisten Ray Barretto gelangte er 1979 zu Stan Getz. Mit dem legendären Tenorsaxophonisten, der 1980 auch sein Trauzeuge war, spielte Loeb rund drei Jahre zusammen und nahm unter anderem das Album “Billy Highstreet Samba” auf, das nach einer seiner eigenen Kompositionen benannt war. Von 1984 bis 1987 war er dann Mitglied der All-Star-Fusionband Steps Ahead.
Erst danach startete Chuck Loeb seine Solokarriere, in deren Verlauf er mehr als zwanzig Alben unter eigenem Namen einspielen sollte. Parallel arbeitete er intensiv als Studiomusiker und war Mitglied der populären Smooth-Jazz-Band Fourplay (wo er 2010 die Nachfolge von Lee Ritenour und Larry Carlton angetreten hatte). Auch in Deutschland war Loeb durch seine Zusammenarbeit mit Trompeter Till Brönner (dessen “Movie Album” er u.a. produzierte), Klarinettist Rolf Kühn, Schlagzeuger Wolfgang Haffner (u.a. im Jazz-Fusion-Quartett Metro) und Sänger Thomas Quasthoff bestens bekannt. Der Höhepunkte in seiner Karriere war aber, als er 2003 im New Yorker Hammerstein Ballroom als Gast zu seinem Jugend-Idol Bob Dylan auf die Bühne steigen durfte, um ihn u.a. bei “All Along the Watchtower” und “Mr. Tambourine Man” zu begleiten. “Der erste Song, den ich auf der Gitarre gelernt habe, war ‘Like A Rolling Stone’”, erinnert er sich später gegenüber der JazzTimes. “Dylan drehte sich nach einem Solo zu mir herum und sagte 'Yeah, Chuck”. Und ich dachte nur: ‘Okay, jetzt kann ich abtreten.’"
Am 31. Juli 2017 ist Chuck Loeb nun im Alter von 61 Jahren dort gestorben, wo er sich stets am wohlsten gefühlt hatte: im Kreis seiner Familie in seinem Haus in Nyack/New York.