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Letzter Tango in New York – zum Tod von Gato Barbieri

Gato Barbieri
Gato Barbieri
06.04.2016
Manchmal passiert es, dass sich ein einzelnes Stück oder eine einzige Aufnahme für einen Künstler gleichermaßen als Segen und Fluch erweist. Für den argentinischen Saxophonisten und Komponisten Gato Barbieri war dies sein “Last Tango in Paris”, den er 1972 für den Soundtrack zu Bernardo Bertoluccis gleichnamigem Skandalfilm komponiert und eingespielt hatte. Noch heute fällt vielen beim Namen Gato Barbieri zu allererst dieser geniale Ohrwurm ein, der ein Jahr später als beste Filmkomposition mit einem Grammy ausgezeichnet wurde. Dabei hatte Barbieris Œuvre so viel mehr zu bieten.
Seine Karriere begann der am 28. November 1932 im argentinischen Rosario geborene Leandro Barbieri in den 1950er Jahren in der Band seines Landsmanns Lalo Schifrin. Damals erwarb er auch schon den Spitznamen El Gato (der Kater), den er zu seinem Künstlernamen machte. 1962 ging Gato Barbieri nach Rom, wo er das erste Mal mit dem Free-Jazz-Trompeter Don Cherry zusammenarbeitete. Ein paar Jahre später folgte er Cherry nach New York, erhielt über ihn Zugang zur dortigen Avantgarde-Jazz-Szene und wurde Mitglied des Jazz Composer’s Orchestra sowie des von Charlie Haden neu gegründeten Liberation Music Orchestra. Stark beeinflusst von US-amerikanischen Kollegen wie John Coltrane, Pharoah Sanders und Albert Ayler entwickelte Gato Barbieri einen Ton, der warm und lyrisch, aber auch zupackend war und zeitlebens sein Markenzeichen bleiben sollte.
Anfang der 1970er Jahre kehrte Barbieri, ohne seine avantgardistische Ader ganz zu verleugnen, zu seinen südamerikanischen Musikwurzeln zurück. Sein Repertoire bereicherte er nun um Tangos, südamerikanische Folklorelieder und brasilianische Kompositionen. Zwischen 1969 und 1975 nahm der Saxophonist eine Reihe exzellenter Solowerke für die beiden Bob-Thiele-Labels Flying Dutchman und Impulse! Records auf, darunter die bahnbrechenden Alben “Chapter One: Latin America”, “Chapter Two: Hasta Siempre”, “Chapter Three: Viva Emiliano Zapata” und “Chapter Four: Alive in New York”. Für Herb Alperts Label A&M spielte er ab 1976 wiederum einige etwas poppigere Fusion-Alben wie “Ruby Ruby” und “Tropico” ein.
Nachdem es in den 1980er und 90er Jahren etwas ruhiger um ihn geworden war, meldete sich Barbieri 2002 mit dem Album “The Shadow Of The Cat”, das von Billboard zum “Latin Jazz Album of the Year” ernannt wurde, ins Rampenlicht zurück. Erst letztes Jahr erhielt Gato Barbieri einen Latin Grammy für sein Lebenswerk. Die außergewöhnlichste Ehrung aber wurde dem Argentinier, der stets mit einem eleganten Fedora-Hut auftrat, schon Mitte der 1970er zuteil, als die Macher der “Muppet Show” nach seinem Vorbild den blauhaarigen Saxophonisten Zoot erschufen. Am 2. April 2016 ist Barbieri im Alter von 83 Jahren in New York an den Folgen einer Lungenentzündung gestorben.