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Das Saxophon – Ode an ein “gefährliches Instrument”

Ein Verbund zehn deutscher Landesmusikräte hat das Saxophon zum “Instrument des Jahres 2019” gekürt. Wir erinnern deshalb ab sofort in lockerer Folge an einige der prominentesten Jazzsaxophonisten.
Charlie Parker
Charlie ParkerUniversal Music
17.01.2019
Es gibt nur wenige Instrumente, von denen eine solche Faszination ausgeht wie vom Saxophon. Das mag unter anderem daran liegen, dass es als eines der Musikinstrumente gilt, die der menschlichen Stimme am nächsten kommen. Eine etwas andere Erklärung für seine magische Anzugskraft bot die kanadische Schrifstellerin und Booker-Prize-Gewinnerin Eleanor Catton 2010 in ihrem Debütroman “The Rehearsal” an, in dem sie einen fiktiven Saxophonlehrer zu Wort kommen ließ: “Das Saxophon ist das Kokain der Holzbläserfamilie”, hieß es dort. “Saxophonisten werden bewundert, weil sie gefährlich sind, weil sie eine dunklere, sinistrere Seite von sich selbst erkundet haben. […] Das Saxophon spricht die Sprache des Underground, der verlebten Melancholie des Halbdunkels – schmutzig und sexy und verschwitzt und hart.”
Es darf bezweifelt werden, dass die zehn deutschen Landesmusikräte diese Darstellung vor Augen hatten, als sie das 1840 von dem Belgier Adolphe Sax erfundene Holzblasinstrument am 10. Januar bei einer Pressekonferenz in Berlin zum “Instrument des Jahres 2019” kürten. In einer veröffentlichten Erklärung heißt es vielmehr: “Im Fokus der Aufmerksamkeit stehen Instrumente, die mehr Beachtung verdienen bzw. die zu einseitig betrachtet werden oder bei denen es Schwierigkeiten gibt, den musikalischen Nachwuchs für sie zu interessieren.”
Im Jazz spielt das Saxophon seit den Zeiten der Pioniere Coleman Hawkins und Lester Young eine ganz besonders prominente Rolle. Und aus Anlass der Kürung zum “Instrument des Jahres 2019” wird JazzEcho in lockerer Folge an einige der bekanntesten und besten Jazzsaxophonisten erinnern. Den Anfang macht “Bird”.
Charlie Parker – Virtuose mit überbordender Phantasie
Bei wohl keinem anderen Musiker taten sich die seelischen Abgründe des Instruments so sehr auf wie bei dem Altsaxophonisten Charlie “Bird” Parker, dessen Spielweise durch Eleanor Cattons oben genannte Worte nahezu perfekt umschrieben wird. In nur 18 aktiven Jahren, die zudem noch von massivem Heroin- und Alkoholmissbrauch gekennzeichnet waren, schaffte Parker es, zum bis heute einflussreichsten Altsaxophonisten der Jazzgeschichte aufzusteigen.
“Sie wollen einem weismachen, dass es in der Musik Grenzen gibt”, meinte Parker einmal. “Aber es gibt keine Grenzen in der Kunst.” Bewiesen hat er dies auf bahnbrechenden Alben wie etwa “Bird & Diz”, “Charlie Parker With Strings”, “South Of The Border”, “Charlie Parker Big Band” und “Jazz At Massey Hall”, im Zusammenspiel mit kubanischen Musikern sowie in seinen Aufnahmen für Norman Granz' legendäre “Jazz At The Philharmonic”-Reihe. Mit schier atemberaubender Virtuosität und überbordender Phantasie revolutionierte Parker, der am am 12. März 1955 im Alter von lediglich 34 Jahren verstarb, den Jazz auf eine Weise, wie es keiner vor ihm getan hatte. Für die Heerscharen der von ihm inspirierten Saxophonisten nachfolgender Generationen hatte er einen besonderen Ratschlag parat: “Spiel nicht das Saxophon, lass das Saxophon dich spielen.”