Die Situation dürften Musikfans kennen, die schon einmal zu vorgerückter Stunde den Lautestärkeregler ihrer Anlage etwas zu sehr nach oben geschoben haben. Plötzlich klopft es an der Tür. Davor steht der Nachbar und fordert einen auf, die Musik doch bitte leiser zu stellen. Für die britisch-amerikanische Sängerin Lucy Woodward, die ihr viertes Soloalbum – das erste seit sechs Jahren – “Til They Bang On The Door” genannt hat, ist dies die “magische Stunde, der Moment, in dem alles richtig laufen oder schiefgehen kann”. So viel gleich vorweg: Lucys neues Opus, das jetzt als Digital-Album erschienen ist, sollte man wirklich laut hören. Sehr laut! Und wenn es dann an der Tür klopft, stehen die Chancen gut, dass der Nachbar sich gar nicht beschweren möchte, sondern wissen will, was man denn da gerade hört.
Woodward, die von einem Kritiker wegen ihrer stilistischen und stimmlichen Wandlungsfähigkeit einmal als “Chamäleon-Chanteuse” bezeichnet wurde, schrieb den Großteil der Songs, darunter das an Shirley Bassey erinnernde “Ladykiller” und das epische “Too Hot To Last”, mit Partnern wie David-Bowie-Keyboarder Henry Hey, Holly Palmer und Snarky-Puppy-Mastermind Michael League. Aber sie reichert ihr schillerndes Repertoire auch mit einigen coolen Coverversionen an: etwa der von Bert Kaempfert für Frank Sinatra geschriebenen Power-Ballade “The World We Knew”, Nina Simones “Be My Husband” oder Ruth Browns schwelender R’n’B-Nummer “I Don’t Know”. Seit 2010 arbeitet Woodward, die auch schon mit Pink Martini sang, immer wieder mit den Musikern von Snarky Puppy zusammen. Die sind nun auch auf “Til They Bang On The Door” sehr präsent, denn Michael League hat das Album gemeinsam mit Henry Hey koproduziert.