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Blue Note All-Stars – Superband ohne Super-Egos

28.09.2017
Drei Jahre nach Gründung und einer Reihe von erfolgreichen Konzerten legen die Blue Note All-Stars ihr erstes Album vor – mit dabei sind zwei ganz besondere Gäste.
Sogenannte Superbands haben im Jazz eine lange Tradition. Ob Art Blakeys Jazz Messengers, Miles Davis' berühmte Quintette, die Quartette von John Coltrane und Charles Lloyd in den 1960ern, Weather Report, Return To Forever oder Steve Colemans Five Elements… sie alle (und viele andere) hatten eines miteinander gemein: in ihnen kamen einige der besten Musiker einer Generation zusammen, um dem Jazz gemeinsam frische Impulse zu geben. Wichtig war dabei stets, dass man als Kollektiv fungierte und nicht nur eine lose Ansammlung virtuoser Solisten darstellte. Bei den Blue Note All-Stars braucht man sich in dieser Beziehung keine Sorgen zu machen, denn die ließen laut Robert Glasper ihre Egos einfach außen vor, als sie ins Studio gingen, um “Our Point Of View” aufzunehmen.
“Dies ist eine Band aufgeschlossener, vielseitiger Musiker, die aus reiner Liebe zur Musik zusammenkommen”, sagt der Keyboarder. “Dabei können nur große Dinge entstehen.” Dass Glasper den Mund keineswegs zu voll genommen hat, beweist die Musik des ersten Albums der Formation von der ersten bis zur letzten Note. Gekrönt wird es Album durch den Gastauftritt zweier Musiker, die mehr als jeder andere die goldene Blue-Note-Ära der 1960er symbolisieren: Herbie Hancock und Wayne Shorter!
Die Blue Note All-Stars wurden 2014 zur Feier des 75-jährigen Jubiläums von Blue Note Records aus der Taufe gehoben. Für das Label hatten einst spätere Giganten wie Thelonious Monk, Herbie Hancock, Wayne Shorter, Freddie Hubbard und Joe Henderson ihre Debütalben aufgenommen. Auch in jüngster Zeit gibt es wieder viele junge Blue-Note-Musiker, die absolut richtungsweisend sind: zu ihnen zählen der Keyboarder Robert Glasper, Trompeter Ambrose Akinmusire, Tenorsaxophonist Marcus Strickland, Gitarrist Lionel Loueke, Bassist Derrick Hodge und Schlagzeuger Kendrick Scott. Jeder dieser sechs Visionäre ist dabei, seinen eigenen beeindruckenden Blue-Note-Katalog aufzubauen. Jetzt legen sie als Blue Note All-Stars mit “Our Point Of View” ein gemeinsames Album vor, auf dem sie ihren musikalischen Standpunkt verdeutlichen.
Der kollektive Geist des Ensembles zeigt sich schon darin, dass jeder Einzelne eigene Stücke zum Repertoire beisteuern durfte. Darüber hinaus werden zwei Klassiker aus der Feder Wayne Shorters interpretiert: “Witch Hunt” und “Masqualero”. Bei letzterem gesellen sich der Komponist mit seinem Sopranaxophon und Hancock am Klavier zum dem Sextett! Gewidmet ist das Album dem 2015 verstorbenen Bruce Lundvall, der das Label als Präsident in den 1980er Jahren nach einer längeren Durstrecke wieder zu altem Glanz geführt hatte. Gerahmt ist das Programm deshalb von zwei Stücken für Bruce: Robert Glaspers nachdenklichem “Bruce’s Vibe” und Ambrose Akinmusires getragenem Requiem “Bruce, The Last Dinosaur”.
Seinem Nachfolger Don Was hatte Lundvall damals noch einen Ratschlag gegeben: “Du musst ein starkes musikalisches Bewusstsein haben und bereit sein Risiken einzugehen… du musst Geschäftsdisziplin mit musikalischem Gespür verbinden und den Mut haben, die Leute unter Vertrag zu nehmen, an die du glaubst… Hol dir Künstler mit einer eigenen Stimme und gib ihnen ein langes Katalogleben. Denn das wird deine Rente sein.” Und genau das hat Don Was, der “Our Point Of View” zusammen mit Glasper produzierte, bisher auch erfolgreich getan.
Neben der CD-Ausgabe und dem digitalen Album erscheint “Our Point Of View” auch als 180gr-Doppel-Vinyl im Fold-out-Cover.