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Marcin Wasilewski Trio – January

09.01.2008
Mit ihren knapp über 30 Jahren kann man Pianist Marcin Wasilewski, Bassist Slawomir Kurkiewicz und Schlagzeuger Michal Miskiewicz ohne weiteres noch als junge Musiker bezeichnen. Dessen ungeachtet können die drei aber schon auf eine bewegte und lange gemeinsame Geschichte zurückblicken. Ihr zweites ECM-Album “January”, das durch ein außergewöhnlich breitgefächertes Programm besticht, ist ein beeindruckendes musikalisches Statement, das keinen Zweifel daran läßt, daß dieses Trio zurecht den Ruf genießt, eines der absolut herausragenden zeitgenössischen Jazzensembles zu sein. Der Trompeter Tomasz Stanko, der Freund und Mentor des Trios ist, schwärmt in den höchsten Tönen von seinen “Zöglingen”: “In der gesamten Geschichte des polnischen Jazz hat es eine solche Band noch nie gegeben. Sie werden einfach immer besser und besser.” Durch Stankos 2001 entstandene ECM-Einspielung “Soul Of Things” (ECM 1788) bekam die Jazzwelt außerhalb Polens erstmals eine Vorstellung von den Ausnahmetalenten dieser drei jungen Musiker. Seitdem haben sie mit Stanko etliche internationale Tourneen absolviert und auch seinen 2003 und 2005 aufgenommenen Quartett-Alben ihren Stempel aufgedrückt.
Die Geschichte des Trios begann schon 1990, als Marcin Wasilewski und Slawomir Kurkiewicz gerade einmal 15 Jahre alt und Schüler einer Musikschule in Koszalin/Westpommern waren. Um sich dem Jazz zu widmen, bildeten sie damals mit einem weiteren Freund, der Schlagzeug spielte, ein Trio. Als dann 1993 der zwei Jahre jüngere Michal Miskiewicz als Schlagzeuger einstieg, hatte das Trio schließlich seine Idealbesetzung gefunden. Seither spielen sie fest zusammen und haben als Simple Acoustic Trio in ihrer Heimat zahlreiche Preise gewonnen sowie fünf Alben für kleine Labels aufgenommen. Das erste Album, das international veröffentlicht wurde, war das 2004 eingespielte ECM-Debüt “Trio” (ECM 1981), das 2005 erschien und sofort mit dem Vierteljahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet wurde. Doch nicht nur in Europa erregte das Trio damit Aufsehen. Auch in den USA beeindruckten die jungen Polen die Jazzkritiker. “Die vielen Jahre, die sie zusammenspielen, haben die drei Musiker zu einem Ensemble mit einem zutiefst symbiotischen kreativen Fluß zusammengeschweißt”, schrieb Don Heckman in der Los Angeles Times.
 
“January” wurde Anfang 2007 unter der Regie von Produzent Manfred Eicher in New York eingespielt und erscheint unter einem neuen Ensemblenamen: Obwohl sie sich weiterhin als Kollektiv gleichberechtigter Musiker betrachten, kamen Wasilewski, Kurkiewicz und Miskiewicz überein, von nun an nur noch als Marcin Wasilewski Trio aufzutreten. Ein Zugeständnis an die Jazztradition, in der es üblich ist ein Piano-Trio nach dem Pianisten zu taufen. Tatsache ist allerdings auch, daß Wasilewski der hauptverantwortliche Komponist des Trios ist. Zum Repertoire von “January” steuerte er vier Stücke bei, darunter das Titelstück und die wunderbare Eröffnungsnummer “The First Touch”. Auf besonderen Wunsch von Produzent Manfred Eicher bearbeitete Wasilewski außerdem zwei Stücke, die von Gary Peacock und Carla Bley komponiert wurden und gemeinhin mit zwei der größten lebenden Pianisten des Jazz assoziert werden: Keith Jarrett und Paul Bley. Wasilewski hat sich dieser Herausforderung bravourös gestellt und den beiden Nummern zusammen mit seinen Trio-Partnern einen ganz eigenen Anstrich gegeben.
 
“Vignette” ist eine Komposition des Bassisten Gary Peacock, die man erstmals 1978 auf dem Album “Tales Of Another” (ECM 1101) hören konnte. Die Besetzung, mit der Peacock dieses Album aufnahm, sollte später als Jarretts “Standards”-Trio bekannt werden. Das Marcin Wasilewski Trio geht die Nummer in einer gemesseneren Gangart an und schürft nach tieferen Emotionen. Eine ausdrucksvolle Darbietung, insbesondere wenn man bedenkt, wieviel Wasilewski Jarrett als Pianist verdankt. Obwohl er diesen Einfluß weder leugnen kann noch will, gelingt es dem polnischen Künstler sich von seinem Vorbild zu lösen und seine eigene Persönlichkeit einzubringen.
 
Carla Bleys Komposition “King Korn” ist wiederum ein Stück aus den frühen 60er Jahren, das Paul Bley auf seinem Klassiker “Footloose!” präsentierte. Dieses Album hatte der kanadische Pianist 1962/63 mit Bassist Steve Swallow und Schlagzeuger Pete La Roca für Savoy eingespielt. Das polnische Trio interpretiert “King Korn” mit erfrischender Energie und interagiert hier einfach wundervoll. Besonders aufregend sind die Dialoge zwischen Michal Miskiewicz und Wasilewski.
 
Tomasz Stankos “Balladyna” war das Titelstück des ECM-Debütalbums (ECM 1071) des polnischen Trompeters, das dieser 1975 – im Jahre, als Wasilewski geboren wurde – mit Saxophonist Tomasz Szukalski, Bassist Dave Holland und Schlagzeuger Edward Vesala aufnahm. Die dunkle, wirbelnde Rubato-Version des Trios weist die schlichte Dramatik und den einnehmenden Lyrizismus auf, die man mit Stanko assoziert. Was kein Wunder ist, wenn man weiß, daß die drei Protagonisten diese Nummer in Konzerten mit dem Komponisten oftmals gespielt haben.
 
Auf seinem ersten ECM-Album bot das Trio 2004 eine brillante Version von Björks “Hyperballad”. Auch diesmal geben Wasilewski, Kurkiewicz und Miskiewicz wieder eine überarbeitete Popnummer zum Besten: “Diamonds And Pearls” ist eine Prince-Ballade aus dem Jahr 1991. In der entschlackten Interpretation des Trios, bei der Bassist Kurkiewicz gemeinsam mit Wasilewski die Melodieführung übernahm, klingt das Stück um einiges geheimnisvoller und aufregender als im Original.
 
Der polnische Jazz hat immer schon eine sehr enge Verbindung zum Film gehabt. Seit Krzysztof Komeda 1958 erstmals mit Roman Polanski zusammenarbeitete, haben sich die beiden Genres gegenseitig befruchtet. Wasilewskis “The Young And Cinema” ist eine Anspielung auf ein identisch betiteltes Filmfestival in Koszalin, das dem polnischen Filmnachwuchs gewidmet ist. Das Trio interpretiert darüber hinaus auch noch Ennio Morricones Titelmelodie für Giuseppe Tornatores 1988er Film “Cinema Paradiso”, der wiederum selbst eine Hommage an den Film war.
 
Das Album klingt mit einer Trio-Improvisation aus, einer freien Ballade, die aus dem Stegreif entstand und nach dem Ort und Datum ihres Entstehens “New York 2007” betitelt wurde. Wie sie bereits auf Stankos Album “Lontano” gezeigt haben, sind Marcin Wasilewski, Slawomir Kurkiewicz und Michal Miskiewicz Musiker, die ein Stück mühelos aus dem Nichts erschaffen können.
 
Das Jahr 2008 wird das Marcin Wasilewski Trio gleich mit vollem Elan beginnen und auf eine ausgedehnte Tournee durch Mitteleuropa gehen. In deren Rahmen werden sie eine Reihe von Konzerten im deutschsprachigen Raum geben. Auch als Teil des Tomasz Stanko Quartet werden die drei Musiker 2008 bei Gastspielen zu erleben sein. Und als Mitglieder der Manu Katché Band werden Marcin Wasilewski und Slawomir Kurkiewicz im März und April zu Auftritten nach Frankreich reisen.
 
Die Tourdaten für Januar 2008:
 
09.01. Berlin, A-Trane
11.01. Bielefeld, Bunker Ulmenwall
12.01. München, Unterfahrt
13.01. Bern, Bee-Flat (Schweiz)
15.01. Zürich, Moods im Schiffbau (Schweiz)
16.01. Fürstenfeldbruck, Veranstaltungsforum Fürstenfeld
18.01. Tübingen, Sudhaus
19.01. Saalfelden, Kunsthaus Nexus (Österreich)