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Jon Batiste – musikalischer Befreiungsschlag

Auf seinem vierten Verve-Album “WE ARE” zeigt der Pianist, Keyboarder, Sänger und Songwriter Jon Batiste, dass in ihm sehr viel mehr steckt als nur ein Jazzkünstler.
Jon Batiste - WE ARE
Jon Batiste - WE ARE
19.03.2021
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“Ich habe den Leuten bereits einige meiner musikalischen Seiten gezeigt”, sagt Jon Batiste bei der Vorstellung seines neuen Albums “WE ARE“. “Aber es gibt so viele Facetten von mir, die sie noch gar nicht kennen, die aber genauso ein Teil von dem sind, was mich als Künstler ausmacht. Ich hoffe, dass sie durch dieses Album endlich alles über mich erfahren.”
Das Konzept für ”WE ARE" ging Batiste schon seit 2014 durch den Kopf, konnte von ihm aber erst jetzt bei seinem neuen Label Verve Records verwirklicht werden. “Die wesentlichen Zutaten für dieses Album wurden schon damals zusammengestellt”, heißt es in den Liner Notes, “der Wunsch, die Essenz des Jazz einem anderen als seinem traditionellen Publikum nahezubringen, aus dem reichen musikalischen Erbe von New Orleans zu schöpfen und die universellen Bedürfnisse einer gesunden Kultur anzusprechen, was gemeinsames Singen, Zusammenkünfte über Generationen hinweg und das Feiern einer Vielfalt von Traditionen und Perspektiven einschließt.”
Um dieses vollständigere Bild einzufangen, musste Batiste tiefer zu seinen Wurzeln vordringen. Bestes Beispiel dafür ist das Titelstück, eine funkige Nummer, in der er daran appelliert, auch in dunkelsten Zeiten eine positive Einstellung zu wahren. Das Stück enthält einen Auszug aus einer Predigt seines Großvaters, der einst als Aktivist an der Seite von Dr. Martin Luther King, Jr. marschierte und heute Kirchenältester ist. Darüber hinaus ist es auch ein Feature für die St. Augustine Marching 100 – die berühmte Marching Band von Batistes Alma Mater – und die jungen Neffen des Protagonisten. Jons Vater, Michael Batiste, ist wiederum in “Cry” am Bass zu hören. Jon selbst singt hier bewegend über den Schmerz und die Ungewissheit, die so oft Hand in Hand gehen mit dem Kampf für Gleichberechtigung. Das Stück kombiniert auf organische Weise Grooves und Gospel. “Boy Hood” ist eine Trap-angehauchte Hommage an das legendäre New Orleanser Hip-Hop-Quartett Hot Boys und präsentiert Batiste in Gesellschaft zweier bekannter Kollegen, die wie er aus Louisiana stammen: der Sänger und Maroon 5-Keyboarder PJ Morton sowie Posaunist Trombone Shorty. Im verführerisch-lasziven “Adulthood” folgt schon wenig später ein kurzer Gastauftritt der legendären Hot 8 Brass Band aus New Orleans.
In den oftmals überschwänglichen Songs von “WE ARE”, bei denen die Grenzen zwischen Funk, Rhythm’n’Blues und Gospel oft fließend verlaufen, fand Batiste die musikalische Befreiung, die er gesucht hatte. In “I Need You”, einem vergnügten, auf das Wesentliche reduzierten Rhythm’n’Blues-Liebeslied, wechselt er zwischen R&B-Shouting und erzählendem Sprechgesang hin und her, was dem Vintage-Feeling der Nummer eine gewisse Extraschärfe verleiht (für seine eher jazzorientierten Fans wirft Batiste hier auch noch ein paar instrumentale Solopassagen ein). “Show Me The Way” bietet eine entspannte Zusammenarbeit mit der britischen Schriftstellerin Zadie Smith, während die Rhythm’n’Blues-Ikone und Aktivistin Mavis Staples einen Cameo-Auftritt in “Mavis” hat.
“Die Musik ist im Endeffekt genreungebunden, während sie gleichzeitig sehr in meiner Geschichte und der Geschichte dieses Landes verwurzelt ist”, sagt Jon Batiste. “Ich habe das Gefühl, dass sie weit über das hinausgeht, was man noch in einen Jazzkontext einordnen könnte.” Wichtig ist ihm, dass er mit ihr ein möglichst großes Publikum erreicht und bestens unterhält. Und das sollte ihm mit den dreizehn wunderbaren Nummern von “WE ARE” auch mühelos gelingen.
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