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Dominik Wania – solistischer Balanceakt zwischen Improvisation und Klassik

Mit seinem brillanten ECM-Solodebütalbum “Lonely Shadows” tritt der polnische Pianist Dominik Wania eindrucksvoll aus dem Schatten des Maciej Obara Quartet heraus.
Dominik Wania
Dominik WaniaMaria Jarzyna
17.09.2020
Auf “Lonely Shadows”, seinem ersten Soloalbum für ECM, präsentiert sich Dominik Wania als ein Musiker von beeindruckender Originalität. Seine Anschlagskultur, sein Ton und seine Texturen verraten seinen klassischen Background. Aber zugleich zeigt er auch, dass er die Instinkte und das Fingerspitzengefühl eines großartigen Improvisators besitzt, der sich mit einem angeborenen Sinn für Struktur hellwach auf die sich im Moment entfaltenden Details der Musik konzentriert. Die Ausgewogenheit der Einflüsse beider Disziplinen macht ihn zu einem der interessantesten Pianisten seiner Generation. “Lonely Shadows” ist ein Zeugnis seiner Kreativität und eine wichtige Ergänzung des berühmten ECM-Katalogs mit Solo-Klavieraufnahmen. Vor der Einspielung von “Lonely Shadows” erregte Dominik Wania bei ECM schon als Mitglied des Maciej Obara Quartet große Aufmerksamkeit. Mit diesem Ensemble spielte er die von der internationalen Kritik gefeierten Alben “Unloved” (2017) und “Three Crowns” (2019) für das Label ein. Bei den Aufnahmesessions für “Unloved” kam vor drei Jahren auch erstmals die Idee zu dem nun vorliegenden Soloalbum auf.
“Ein Soloalbum ist für die künstlerische Entwicklung eines Pianisten ein bedeutender Schritt”, meint Dominik Wania. “Für mich war es etwas Besonderes, dass Manfred Eicher und ECM mit diesem Wunsch an mich herantraten. Ich hatte von Anfang an das Gefühl, dass es vollständig improvisierte Musik enthalten würde.” Bei seinen Improvisationen für dieses Album, so merkt Wania an, gab ihm der Klang selbst die Richtung für die spontane Entwicklung des Materials, des Ausdrucks und der Emotionen vor: “Ich wollte nichts vorab vorbereiten. Weder Formen noch melodische Skizzen noch harmonische Ebenen. Ich verließ mich völlig auf den kreativen Prozess des Spielens im Hier und Jetzt.” Dabei spiegelt die Musik von “Lonely Shadows” aber auch den ästhetischen Einfluss von Komponisten wider, die Wania bewundert und genau studiert hat, “darunter Satie, Weber, Skrjabin, Prokofjew sowie vor allem Ravel und Messiaen”.
Inspirieren ließ er sich im Auditorio Stelio Molo in Lugano zudem “von diesem besonderen Klavier, seinen Klangfarben und der brillanten Raumakustik.” Die assoziativen Titel gab er den einzelnen Stücken erst im Nachhinein. “AG76” ist beispielsweise nach einem Gemälde des polnischen Künstlers Zdzisław Beksiński benannt, das im Historischen Museum von Dominiks Heimatstadt hängt. Wanias Musik scheint die schimmernde Atmosphäre des Gemäldes widerzuspiegeln.
Dominik Wania kam 1981 in Sanok in der südpolnischen Region Podkarpacie zur Welt und begann im Alter von drei Jahren Klavier zu spielen. Er studierte später klassisches Klavierspiel an der Musikakademie in Krakau, wo er seinen Abschluss 2005 mit Auszeichnung machte. Jazz war in seinem Leben allerdings auch schon früh präsent. 2006 erhielt Wania ein Stipendium für ein Studium am New England Conservatory of Music in Boston, wo u.a. Danilo Pérez, Jerry Bergonzi, Ran Blake und George Garzone zu seinen Lehrern zählte. Seine erste Aufnahme unter eigenem Namen mit dem Titel “Ravel” wurde 2013 veröffentlicht. Als inspirierender Ausgangspunkt diente ihm dabei Maurice Ravels Zyklus “Miroirs”. Seitdem hat sich Wania als klassisch geschulter Pianist, der seine Erfüllung und seinen künstlerischen Fokus in der improvisierten Musik gefunden hat, einen ganz eigenen kreativen Raum erschaffen. Nach wie vor spielt er in unterschiedlichsten Kontexten. Zuletzt arbeitete er etwa mit dem polnischen Komponisten Zbigniew Preisner bei dem Projekt “Melodies Of My Youth” zusammen, dass neben Wania am Klavier auch die australische Sängerin Lisa Gerrard featuret, die viele sicher noch von der Band Dead Can Dance kennen.
In seiner noch jungen Karriere ist Dominik Wania schon mit zahlreichen polnischen und internationalen Jazzmusikern aufgetreten, darunter Tomasz Stańko, Lee Konitz, Dave Liebman Zbigniew Namysłowski, Piotr Wojtasik, Grzegorz Nagórski, Janusz Muniak, Bronisław Suchanek, Zbigniew WegehauptMarcus Miller, Joey Baron, Jon Fält, Eddie Henderson, Anders Jormin, Nguyên Lê, Gary Thomas, Marilyn Mazur, Eric Marienthal und viele andere.