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British Jazz Explosion – Kronjuwelen des britischen Jazz

Zwei atemberaubende Klassiker aus der Zeit, als der Jazz mit Rockmusik kollidierte: “Tales Of The Algonquin” von John Surman & John Warren und “Flare Up” von Harry Beckett. Beide Alben erscheinen in limitierten Vinyl-Auflagen.
British Jazz Explosion: John Surman & John Warren "Tales of the Algonquin" / Harry Beckett "Flare Up"
British Jazz Explosion: John Surman & John Warren "Tales of the Algonquin" / Harry Beckett "Flare Up"
06.01.2023
Wie in anderen europäischen Ländern orientierten sich die Jazzpioniere auch in Großbritannien lange Zeit eng an ihren US-amerikanischen Vorbildern. Die Emanzipation setzte erst in den 1960er Jahren so wirklich ein und mündete in einer kreativen “Explosion” der britischen Jazzszene. Auf ihren Alben zeigten die britischen Jazzer plötzlich ihre ureigene Identität. Diese revolutionären Aufnahmen, die auf Vinyl meist seit langem vergriffen sind und zu Liebhaberpreisen gehandelt werden, erscheinen nun unter dem Signet “British Jazz Explosion” neu auf audiophilem Vinyl und außerdem digital. Sämtliche Aufnahmen ließ Decca von den Originalbändern durch die auf analoges Mastering spezialisierten Experten von Gearbox Records neu mastern. Jede LP steckt darüber hinaus in einer liebevollen Reproduktion der Originalverpackung mit Tip-on-/Flip-back-Hüllen und laminierten Covern mit dem ursprünglichen Artwork.
John Surman & John Warren – Tales Of The Algonquin
Mit “Tales Of The Algonquin” schufen der englische Saxofonist John Surman und sein kanadischer Instrumentalkollege John Warren 1971 ein Album, das der britischen Jazzszene wichtige neue Impulse gab. Wie relevant es auch heute noch ist, zeigte sich im Januar 2022, als das Magazin JazzwiseTales Of The Algonquin” in seine neue Liste mit den “100 Jazzalben, die die Welt erschütterten” aufnahm. Hervorgehoben wurde in der Begründung vor allem “das ekstatische, überschwängliche Spiel von Surman und Co. sowie die erstaunlichen, herausfordernden Kompositionen von Warren”. Weiter hieß es: “Dieses Album war ein prachtvoller Beweis für das neu gefundene Selbstvertrauen des britischen Jazz. Warrens Erfolg liegt in der Art und Weise begründet, wie er es schafft, in der Bigband-Tradition zu verharren, diese aber gleichzeitig durch Elemente des freien Spiels, treibende, kraftvolle Polyrhythmen und komplexe Schichtung seiner instrumentalen Mittel zu erweitern. Eine absolutes und unbestreitbares Vergnügen.”
Mit dem damals 27-jährigen Surman an der Spitze kreiert die 16-köpfige Band einen üpppigen Sound voller Drehungen und Wendungen. Surman beeindruckt hier mit einem stark von Coltrane beeinflussten Spiel, das von John Taylor am Klavier wunderbar unterstützt wird. Zu den Mitgliedern der Band gehörten neben den bereits genannten u..a. noch die Saxofonisten Mike Osborne, Stan Sulzmann und Alan Skidmore, die Trompeter Harry Beckett und Kenny Wheeler (wie John Warren ein Kanadier), die Bassisten Barre Phillips und Harry Miller sowie Schlagzeuger Stu Martin.
Harry Beckett – Flare Up
Auch über 50 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung liefert Harry Becketts Album “Flare Up” der Jazzszene noch reichlich Gesprächsstoff und wird von Fans des 2010 gestorbenen Trompeters und Komponisten als besonders kostbare Rarität gehandelt. Ein Highlight des 1970 erschienenen Albums ist das funkbetonte Stück “Third Road”, das auch auf der von der Kritik hochgelobten 2-CD-Compilation “Journeys In Modern Jazz: Britain 1965–1972” enthalten war, mit der vor rund zwei Jahren die Reissue-Reihe “British Jazz Explosion” gestartet wurde. Die Besetzung, mit der Beckett “Flare Up” einspielte, gleicht einem “Who’s Who” der damaligen britischen Szene: mit John Taylor am Klavier, den Saxofonisten John Surman, Alan Skidmore und Mike Osborne, Vibraphonist Frank Ricotti, Bassist Chris Laurence und Schlagzeuger John Webb. Ihre Originalität konnten die Musiker in neun fetzigen Stücken beweisen, die Beckett, Surman und Graham Collier geschrieben und arrangiert hatten.
Der 1935 auf Barbados geborene Beckett hatte als Jugendlicher Trompete spielen gelernt und ging 1954 mit neunzehn Jahren nach London, wo er schnell eine internationale Reputation erwarb. So trat er bereits 1962 neben Charles Mingus und Dave Brubeck in dem Film “All Night Long” auf. In seiner sechs Jahrzehnte umspannenden Karriere arbeitete Beckett nicht nur mit unzähligen Größen der britischen und internationalen Jazzszene, sondern trat auch immer wieder auf Alben von Rock- und Popstars (u.a. Jack Bruce, Manfred Mann, David Sylvain, Eddy Grant) in Erscheinung. In der 1980er Jahren – längst zu einer der inspirierenden Vaterfiguren der britischen Jazzszene aufgestiegen – spielte er eine wesentliche Rolle bei der Etablierung der Jazz Warriors Big Band, die zum Sprungbrett für zahlreiche junge schwarze Talente wie u.a. Courtney Pine, Steve Williamson, Cleveland Watkiss, Orphy Robinson und Gary Crosby wurde. Bis zu seinem Tod unterrichtete Beckett Trompete und gab sein Wissen an die neueren Generationen der Jazz Warriors weiter.