Blue Note Tone Poet Serie – zwei außergewöhnliche Jazz-Pioniere
Mit “Rollin' With Leo” des Baritonsaxofonisten Leo Parker und “Some Other Stuff” des Posaunisten Grachan Moncur III präsentiert die Tone Poet Serie zwei oft übersehene Meisterwerke aus den frühen 1960er Jahren.
Blue Note Tone Poet Serie: Grachan Moncur III "Some Other Stuff" / Leo Parker "Rollin' With Leo"
07.05.2025
Die erste audiophile LP-Serie von Blue Note Records ist ein weltweiter Erfolg. Kuratiert wird sie von Joe Harley, genannt der „Tone Poet", vom renommierten amerikanischen Vinyl-Label Music Matters. Die Fertigung erfolgt mit rein analogen Produktionsschritten vom Erste-Generation-Masterband bis zur 180g-Pressung bei Record Technology Incorporated (RTI) in den USA. Den luxuriösen Rahmen schaffen stabile, laminierte Tip-On-Gatefold-Sleeves und wattierte Innenhüllen.
Leo Parker – Rollin' With Leo
Leo Parker war einer der ersten Baritonsaxofonisten, die sich erfolgreich auf das glatte Parkett des Bebop gewagt hatten. Bekanntheit erlangte er 1944 als gerade einmal 19-Jähriger in der Bigband von Billy Eckstine, die damals eine Brutstätte für den noch jungen Bebop war. In Eckstines Band beeindruckte er mit einer Spielweise, die die klangliche Kraft von Harry Carney mit der Bebop-Ästhetik von Charlie Parker und der rhythmischen Rasanz von Illinois Jacquet verband. Seine Karriere wurde jedoch bald von gesundheitlichen Problemen und seiner Drogenabhängigkeit überschattet, die ihn in den 1950er Jahren immer wieder zu längeren Pausen zwangen.
Sein Glück schien sich erst 1961 wieder zu wenden, als er durch die Vermittlung von Ike Quebec einen Plattenvertrag bei Blue Note Records erhielt und innerhalb weniger Wochen zwei hervorragende Alben für das Label einspielte: “Let Me Tell You ‘bout It” und “Rollin' With Leo”. Eine dritte Session mit Dexter Gordon, mit dem er einst bei Eckstine im “Unholy Four”-Saxofonsatz zusammengespielt hatte, war für Anfang1962 geplant, kam aber nicht mehr zustande, da Leo Parker am 12. Februar 1962 im Alter von nur 36 Jahren einem Herzinfarkt erlag. In einer Rezension von Parkers letzter Aufnahme schrieb Steve Leggett bei AllMusic:“‘Rollin' With Leo' ist ein wunderbares Porträt dieses fast vergessenen, aber brillanten Musikers, dessen gewaltiger, trauriger, aber fast unmöglich kraftvoller Ton immer das Gefühl vermittelte, er trage die Last der Welt auf seinen Schultern.”
Grachan Moncur III – Some Other Stuff
Der Posaunist Grachan Moncur III (1937–2022) bewies seine stilistische Offenheit schon früh durch Tourneen mit Größen wie Ray Charles und Sonny Rollins. Die Aufmerksamkeit des Produzenten Alfred Lion erregte er 1963, als er an Sessions für gleich drei bahnbrechende Alben für Blue Note Records teilnahm: “One Step Beyond” und “Destination… Out!” des Altsaxofonisten Jackie McLean und “My Point Of View” des Pianisten Herbie Hancock. Wie es Lions Art war, fackelte er nicht lange und gab dem jungen Posaunisten (der auf McLeans Alben auch als einfallsreicher Komponist geglänzt hatte) sofort die Chance, eigene Alben für Blue Note einzuspielen.
Auf “Some Other Stuff”, aufgenommen im Juli 1964, ist Grachan Moncur III mit einem besonders abenteuerlustigen und hochkarätigen Ensemble zu erleben, dem gleich drei Musiker angehören, die damals im legendären zweiten Quintett von Miles Davis spielten: der Saxofonist Wayne Shorter, der Pianist Herbie Hancock und der Schlagzeuger Tony Williams. Komplettiert wurde die Band durch den Bassisten Cecil McBee, der schon wenig später an der Seite von Keith Jarrett und Jack DeJohnette im Quartett von Charles Lloyd spielen sollte. Auf dem Album präsentierte Grachan Moncur III vier längere Eigenkompositionen, die seine Vielseitigkeit unterstreichen: den freien Opener “Gnostic”, das raffiniert swingende “Thandiwa”, das ausgelassen rhythmische “The Twins” (ein musikalisches Porträt der Zwillingsbrüder des Posaunisten) und das Stück “Nomadic”, in dem Tony Williams seine Schlagzeugkünste unter Beweis stellen konnte.