Tomasz Stanko | News | Slawische Seele und nordische Nuancen

Slawische Seele und nordische Nuancen

2005 Wasilewski Trio © Andrea Felvégi / ECM Records
2005 Wasilewski Trio © Andrea Felvégi / ECM Records
07.10.2009
Tomasz Stankos Meisterschüler sind endgültig flügge geworden. Nach drei überaus erfolgreichen Alben mit dem Simple Acoustic Trio – “Soul Of Things” (2001), “Suspended Night” (2003) und “Lontano” (2005) – hat der polnische Trompeter die langjährigen Gefährten Marcin Wasilewski, Slawomir Kurkiewicz und Michal Miskiewicz in die Unabhängigkeit entlassen und bricht nun auf “Dark Eyes” mit einer brandneuen Band zu neuen musikalischen Abenteuern auf. Als Partner gewann er diesmal zwei Finnen (Pianist Alexi Tuomarila und Schlagzeuger Olavi Louhivuori) sowie zwei Dänen (Gitarrist Jakob Bro und Bassist Anders Christensen). Alle spielten zwar auch schon mit internationalen Jazzgrößen zusammen, erregten bislang aber vor allem in ihrer jeweiligen Heimat Aufmerksamkeit. Die Ausnahme ist vielleicht der ungeheuer subtil und farbig spielende Jakob Bro, der 2004 durch die Zusammenarbeit mit Paul Motian auf dessen ECM-Album “Garden Of Eden” schon weltweit aufhorchen ließ.

Stanko, der von dem schottischen Jazzjournalisten Brian Morton einmal als “direkter, aber eigenständiger Nachkömmling von Miles Davis” bezeichnet wurde, bringt seine melancholische slawische Seele wieder in faszinierenden neuen Eigenkompositionen zum Singen. Und seine jungen finnischen und dänischen Partner steuern einige nordischen Nuancen bei. Neben sieben neuen Stanko-Werken, darunter das nach einem Gemälde von Oskar Kokoschka benannte “The Dark Eyes Of Martha Hirsch” (das dem Album auch seinen Titel gab), interpretiert das Quintett die beiden Krzysztof-Komeda-Kompositionen “Dirge For Europe” und “Etiuda Baletowa Nr. 3” sowie den Klassiker “Last Song”, den der Trompeter erstmals 1975 für sein ECM-Debütalbum “Balladyna” einspielte. “Tomasz Stanko ist nicht der erste Jazzmusiker, der sich darum bemüht, hinreißende Melodien und freie Improvisationen einander näher zu bringen”, schrieb Derk Richardson, Kritiker des San Francisco Chronicle, vor drei Jahren. “Aber er ist in der heutigen Szene einer der eloquentesten Repräsentanten des aus dem Stegreif geborenen Lyrizismus.” Und wie sein großes Vorbild Miles Davis spornt auch Tomasz Stanko seine weniger erfahrenen Mitmusiker dabei zu wahren Meisterleistungen an. “Dark Eyes” ist dafür lediglich der jüngste Beweis.