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Rezensionen von Tomasz Stanko

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Polens prominentester Jazzpionier – ein Nachruf auf Tomasz Stanko
Als innovative Kraft mit seinem sofort erkennbaren Klang – der, wie er selbst es einmal formulierte, “slawische Melancholie und den Blues” miteinander verflocht – erregte Tomasz Stanko in den frühen 60er Jahren in Gruppen des Komponisten und Pianisten Krzysztof Komeda erstmals größere Aufmerksamkeit. An Komedas Seite spielte er nicht nur Soundtracks für Filme von Roman Polanski ein, sondern wirkte auch auf dessen Album “Astigmatic” mit, das als eine der wichtigsten Aufnahmen des neuen europäischen Jazz gilt. Mit diesem bedeutenden Abschnitt seines Lebens setzte sich der Trompeter 1997 noch einmal auf seinem vielbeachteten Album “Litania” auseinander. Tomasz machte sein ECM-Debüt 1975 mit dem großartigen “Balladyna”-Album, auf dem er mit dem Tenorsaxophonisten Tomasz Szukalski, Bassist Dave Holland und Schlagzeuger Edward Vesala zu hören war. Mit dem finnischen  Drummer verband Stanko eine enge künstlerische Freundschaft. Die beiden spielten in verschiedenen Besetzungen miteinander, darunter in Vesalas großem Ensemble auf dem Album “Satu”. Wie sein früher Held Miles Davis war Stanko ein anspruchsvoller Bandleader und jede seiner Gruppen besaß einen eigenen Charakter. Auf den Alben “Matka Joanna” und “Leosia” hielt er mit Bobo Stenson, Anders Jormin und Tony Oxley Lyrismus und turbulentes freies Spiel im Gleichgewicht. Die Band von “From The Green Hill” – mit ihrer ungewöhnlichen Frontline mit Stanko, John Surman, Dino Saluzzi und der klassischen Violinistin Michelle Makarski – entstand bei einer experimentellen Session bei einem ECM-Festival in Badenweiler. “Soul Of Things” machte die ganze Welt mit den Talenten von Marcin Wasilewski, Slawomir Kurkiewicz und Michal Miskiewicz vertraut. Seine improvisatorischen Fähigkeiten bewies das junge Trio unter Stankos Leitung außerdem auf “Suspended Night” und “Lontano”. Wasilewski und Co. priesen Tomasz stets als ihren Mentor, doch der winkte nur bescheiden ab, wenn er darauf angesprochen wurde: “Nein, nein – ich habe genauso viel von ihnen gelernt.” “Dark Eyes” vereinte die Talente junger Improvisationsmusiker aus dem Norden Europas. Mit zwei Dänen (Gitarrist Jakob Bro und Bassist Anders Christensen) und zwei Finnen (Pianist Alexi Tuomarila und Schlagzeuger Olavi Louhivuori) spielte Stanko hier ein Programm mit Stücken, die ursprünglich für Schauspiele des schwedischen Schriftstellers Lars Norén geschrieben worden waren. Zur Titelnummer wurde er durch ein Gemälde von Oskar Kokoschka inspiriert. “Alles, was man erlebt, findet Eingang in die Musik”, sagte Tomasz, “aber die Kunst hat mich schon immer so sehr wie alles andere im Leben bewegt. Romane, Gedichte, Filme, das Theater. Vor allem die bildende Kunst. Die Art und Weise, wie ein Maler Farbe benutzt, oder wie er sich Formen nähert, sie zur Abstraktion verzerrt oder naturalistisch oder poetisch malt… diesen Aspekten kann ich in meiner musikalischen Sprache, in der Art, wie ich eine Melodielinie forme, eine Entsprechung geben.” Anfang der 2000er Jahre pendelte Tomasz Stanko zwischen Wohnsitzen in New York und Warschau hin und her und formierte für das Album “Wisława” ein New Yorker Quartett, das auffallend frei von gebürtigen  New Yorkern war. In ihm spielten der auf Kuba geborene Pianist David Virelles, der Detroiter Schlagzeuger Gerald Cleaver und der kalifornische Bassist Thomas Morgan, der später auf “December Avenue” durch Reuben Rogers von den Virgin Islands ersetzt wurde. In all seinen Bands förderte Tomasz die Ausdrucksfreiheit und ermutigte seine Mitmusiker zu eigenen improvisatorischen Beiträgen. Bevor er Anfang des Jahres erkrankte, freute er sich darauf, in einem neuen Quintett mit seinem italienischen Trompeterkollegen Enrico Rava, dem Pianisten Giovanni Guidi und dem Rhythmusteam des New York Quartet (Reuben Rogers und Gerald Cleaver) auf Tournee zu gehen. Stanko und Rava waren schon seit 1965 enge Freunde.  Beide haben sich im Laufe ihrer langen Karrieren mit fast allen Aspekten des modernen Jazz auseinandergesetzt – vom freiesten freien Spiel (beide hatten mit Cecil Taylor und Globe Unity gearbeitet) bis hin zu zärtlichster, von Chet Baker und Miles Davis inspirierter Balladenkunst. Für ihre geplanten Konzerte hatten sie gemeinsam ein Programm entworfen, das all dies reflektieren sollte.
vor 6 Jahren
Tomasz Stanko