Was bringt eine Künstlerin dazu, nach fünf Alben mit hauptsächlich eigenem Material ein komplettes Album mit Cover-Versionen von Tom Waits aufzunehmen? Im Falle von Rebekka Bakken war es eine Big Band.
Text: Götz Bühler| Fotos: Felix Broede
Nicht irgendeine, sondern die hr-Bigband und der Arrangeur und Dirigent Jörg Achim Keller. “Ich hatte die Idee eines Waits-Bigband-Projekts schon vor einigen Jahren, aber eigentlich war es eher eine Option – ‘das könnte man mal machen, irgendwann’”, erinnert sich Keller. “Als der Bigband-Manager Olaf Stötzler mit dem konkreten Auftrag auf mich zukam, habe ich zunächst etwa 450 Songs von Tom Waits durchgehört und daraus gut einhundert ausgewählt, die für diesen Kontext machbar gewesen wären.”
Sechzehn davon finden sich jetzt in völlig neuen und angenehm überraschenden Versionen auf dem Album “Little Drop Of Poison”, gesungen von einer der charismatischsten Sängerinnen unserer Zeit. “Ich war schon immer ein Tom-Waits-Fan – seine Songs, aber auch sein Timing, sein Swing, haben mich fasziniert”, meint Rebekka Bakken. "Allerdings war dieses Projekt für mich wie ein Quantensprung in seine musikalische und lyrische Welt. Besonders auch, weil es hier eher nicht um meine Lieblingsstücke aus seinem Repertoire geht, sondern eher um solche, die ich vorher weitergeskippt habe – zu unrecht, wie ich jetzt feststellen musste."
Die Anziehungskraft, die Waits wilde Welt auf seine eingeschworene Fangemeinde ausübt, überträgt sich übrigens bestens in diesem auch klanglich größeren Rahmen. Das hat drei Gründe: Tom Waits ist ein großartiger Songwriter, Rebekka Bakken eine fantastische Interpretin und auch die hr Bigband zeigt hier ihre enormen Qualitäten. Der kleine Tropfen Gift, den der Titel zelebriert, findet sich in dieser Produktion überall. Und macht sie so berauschend.