Mit dem Tod von Quincy Jones im November vergangenen Jahres schloss sich eines der bedeutendsten und reichsten Kapitel der Musikgeschichte. Viele Musikfans hielten damals inne und dachten über den weitreichenden Einfluss nach, den dieser Mann auf die Musik, auf andere Musiker/innen und auf die Kultur im Allgemeinen hatte. Er war wahrscheinlich – und das völlig zu Recht – der unter Musikerkollegen am meisten respektierte Musiker, Bandleader, Arrangeur und Produzent. Nur Beyoncé und Jay-Z konnten mehr Grammy-Nominierungen und -Auszeichnungen einheimsen als Quincy Jones. Betrachtet man sein monumentales Werk, versteht man sofort, warum er ein so breit gefächertes Publikum von Musikliebhabern begeisterte. Denn er hat einfach alles gemacht: von Bebop und Bossa Nova über Pop, Soul, Rhythm ‘n’ Blues, Funk und Hip-Hop bis hin zu Film- und Fernsehmusik. Und stets hat er dabei eine exzellente Figur abgegeben. Oder, um es mit den Worten von Miles Davis zu sagen: “Es gibt Zeitungsjungen, die können sich auf jeden von einem Hund bewachten Hof vorwagen, ohne je gebissen zu werden. Er hat einfach dieses Talent”.
Diese Vielseitigkeit spiegelt sich auch in den 20 CDs der Deluxe-Box “The Legacy Of Quincy Jones” wider, die nun – genau ein Jahr nach seinem Tod im Alter im Alter von 91 Jahren – in einer einmaligen Auflage erscheint. Zeitlich spannt diese monumentale Anthologie den Bogen von Quincys erster Aufnahme aus dem Jahr 1951, auf der das 17-jährige Wunderkind mit dem Lionel Hampton Orchestra das von ihm komponierte und arrangierte Stück “Kingfish” vorstellte, bis zu seinem “letzten Hurra” aus dem Jahr 2022, als der fast 90-Jährige sich noch einmal mit seinen alten Komplizen John Williams, Herbie Hancock und Arturo Sandoval zusammentat, um ein Feuerwerk zu Ehren seines musikalischen Vorbilds Henry Mancini abzubrennen. Der Weg zwischen diesen beiden Einspielungen führt über das bahnbrechende Album “This Is How I Feel About Jazz” (1957), mit dem Quincy Jones als Bandleader debütierte, bis hin zu “Q’s Jook Joint” (1995), dessen Gästeliste (Miles Davis Stevie Wonder, Ray Charles, Bono, Phil Collins, Chaka Khan) allein schon schwindelerregend ist. Zu den weiteren wichtigen Partnern, mit denen Quincy Jones hier zu hören ist, zählen Sarah Vaughan, Little Richard, Frank Sinatra, Diana Ross, Tony Bennett, The Brothers Johnson, Talib Kweli, Snoop Dogg und Michael Jackson als Backgroundsänger. Sowie natürlich die Crème de la Crème der Jazzinstrumentalisten.
Die Rhythmen änderten sich, die Aufnahme- und Produktionstechniken entwickelten sich weiter, doch Quincys Ideale blieben gleich: Offen zu sein für alle Arten von Musik. “Ich war verrückt nach Bebop, Rhythm ‘n’ Blues, brasilianischen und kubanischen Rhythmen. Und die Lehren von Nadia Boulanger haben mich zutiefst geprägt. Ich verehrte die verschiedenen Epochen von Strawinsky”, wird Quincy Jones im Booklet der Box zitiert. “All diese Einflüsse haben meine Identität geprägt. Oder besser gesagt: meine ‘Identitäten’. Die Filmmusik hat es mir ermöglicht, eine Synthese zu schaffen, all das zu kombinieren und ineinander zu schieben.” So ist es nicht verwunderlich, dass ein Schwerpunkt der Box Quincys ikonische Film- und Fernsehmusiken sind (darunter befinden einige Aufnahmen, die zum ersten Mal auf CD veröffentlichte werden). Die letzte CD enthält Coverversionen und seltene Originalaufnahmen, die seit ihrer Erstveröffentlichung nie wieder aufgelegt wurden. Beeindruckende Zahlen: 406 Tracks, 22 Stunden Musik, 18 komplette Artist-Alben, 15 komplette Soundtrack-Alben sowie dutzende teilweise rare Einzeltracks.
Das querformatige Digipak enthält neben den 20 CDs ein 44-seitiges Book mit Interviews mit Quincy Jones aus den Jahren 2016 und 2021 sowie Testimonials des belgischen Mundharmonikavirtuosen Toots Thielemans, der oft mit Quincy zusammengearbeitet hat, und des französischen Filmkomponisten Alexandre Desplat, dessen eigene Arbeiten wiederum von Quincy inspiriert wurden. Zudem sind ausführliche Diskographien und zahlreiche Abbildungen dabei.
Tracklisting:
CD 1: THE ABC ALBUMS
This Is How I Feel About Jazz (1956) ∙ Go West, Man! (1957)
CD 2: QUINCY IN PARIS: LES ANNÉES BARCLAY
Et voilà ! (1959) ∙ Confetti (1959) ∙
Plus bonus track “Numéro 13” (alternate arrangement)
CD 3: THE MERCURY YEARS I
The Birth of a Band! (1959) ∙ The Great Wide World of Quincy Jones (1959)
CD 4: THE MERCURY YEARS II
The Quintessence (1962) ∙ Big Band Bossa Nova (1962)
CD 5: GONE HOLLYWOOD I
The Pawnbroker (1965) ∙ The Slender Thread (1964)
CD 6: GONE HOLLYWOOD II
Mirage (1965) ∙ The Deadly Affair (1966)
CD 7: GONE HOLLYWOOD III
In the Heat of the Night (1967) ∙ In Cold Blood (1967)
CD 8: GONE HOLLYWOOD IV
Walk Don’t Run (1966) ∙ For Love of Ivy (1968)
CD 9: GONE HOLLYWOOD V
MacKenna’s Gold (1967) ∙ The Italian Job (1969) ∙
Plus bonus track “Un jour comme aujourd’hui”
CD 10: GONE HOLLYWOOD VI
The Lost Man (1969) ∙ John & Mary (1969) ∙ The Getaway (1973)
CD 11: GONE HOLLYWOOD VII
Dollars (1971) ∙ The Hot Rock (1972)
CD 12: GONE HOLLYWOOD VIII
Music from The Boy in the Tree (1961) ∙ Banning (1967) ∙ A Dandy in Aspic (1968) ∙ The Split (1968) ∙ Cactus Flower (1969) ∙ They Call Me Mister Tibbs! (1970) ∙ The Out-of-Towners (1970) ∙ The Anderson Tapes (1971) ∙ Roots (1977) ∙ The Wiz (1978)
CD 13: GONE HOLLYWOOD IX
The Color Purple (1985)
CD 14: THE A&M YEARS I
Walking in Space (1969) ∙ Gula Matari (1970)
CD 15: THE A&M YEARS II
Smackwater Jack (1971) ∙ You’ve Got It Bad Girl! (1973)
CD 16: THE A&M YEARS III
Body Heat (1974) ∙ Mellow Madness (1975)
CD 17: THE A&M YEARS IV
Sounds… and Stuff Like That!! (1978) ∙ The Dude (1981)
CD 18: Q’s RETURN I
Back on the Block (1989)
CD 19: Q’s RETURN II
Q’s Jook Joint (1995)
CD 20: ORIGINAL WORKS, COVERS, & NEW READINGS
Ironside Talib Kweli (2010)
In the Heat of the Night Nancy Wilson (1967)
Right On Time The Brothers Johnson (1977)
À Cannes cet été Henri Salvador (1959)
Double Play Clark Terry (1955)
The Pawnbroker Tony Bennett (1966)
Get Funk Out Of My Face Snoop Dog (2010)
Stockholm Sweetnin' (Un coin merveilleux) Les Double Six (1960)
Even When You Cry Lou Rawls (1967)
The Midnight Sun Will Never Set Elek Bacsik (1963)
L.A. is My Lady Frank Sinatra (1984)
Kingfish Lionel Hampton And His Orchestra (1952)
Who Needs Forever Greg Osby (2000)
The Ironside Theme Ray Martin and His Orchestra (1975)
L’Or de Mackenna Johnny Hallyday (1969)
It’s You Girl The Brothers Johnson (1978)
Mon disque d'été Claude Nougaro (1977)
The Q Cinema Suite Jean-Michel Bernard (2016)
Peter Gunn (from ‘Henry Mancini: The 100th Sessions’) conducted by Quincy Jones (2024)