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Vulkanisches Talent – Kit Downes zieht auf “Obsidian” alle Register

Auf im Jazz unüblichen Instrumenten – ein- bis dreimanualigen Kirchenorgeln – präsentiert sich der britische Improvisationsmusiker Kit Downes auf seinem ECM-Debütalbum “Obsidian”.
Kit Downes
Kit Downes© Alex Bonney / ECM Records
18.01.2018
Mit “Obsidian” legt der britische Improvisationsmusiker Kit Downes sein erstes Soloalbum bei ECM Records vor. Downes, der 2015 bereits als Pianist auf dem Debütalbum von Thomas Strønens Band “Time Is A Blind Guide” zu hören war, gilt als eines der herausragenden jungen Jazztalente Großbritanniens. Einen Namen machte er sich durch die Arbeit mit seinem Trio und Gruppen wie Troyka, The Golden Age of Steam und Enemy sowie durch sein langjähriges Zusammenspiel mit Stan Sulzmann und Clark Tracey. Obwohl die Musik von “Obsidian” auf den ersten Blick nur wenig mit “Jazz” gemein zu haben scheint, konnte sie tatsächlich nur der subtilen Fantasie eines Improvisationsmusikers mit breit gefächerten musikalischen Kenntnissen entspringen. Zu erleben ist hier, wie Kit Downes die spezifischen Eigenheiten von drei unterschiedlichen Kirchenorgeln erkundet.
Als erstes hört man die große dreimanualige Orgel der Londoner Union Chapel, die 1877 von Henry Willis gebaut wurde. Die Größe und der Umfang des Instruments offenbaren sich gleich in dem Eröffnungsstück “Kings”.
Später verlagert sich die Szene in die Landschaft von Suffolk: in der antiken Church of St. John the Baptist in Snape spielt Downes auf einer zweimanualigen Orgel und in der St Edmund’s Church in Bromeswell schließlich auf einem einmanualigen Instrument ohne Pedalklaviatur, das im Grunde ein umgebautes Harmonium ist. Ob klein oder groß, die Instrumente haben ihre eigenen Charakteristika, die in der Musik, die Downes für jedes von ihnen kreiert hat, phantasievoll hervorgehoben werden, indem sie “der Aufnahme bezüglich Dynamik und Größe Anschub und Zug geben”.
Downes hatte einige seiner frühesten musikalischen Erfahrungen auf Pfeifenorgeln gemacht. An sie knüpfte er in den letzten fünf Jahren häufiger an, wenn er im Duo mit dem Tenorsaxophonisten Tom Challenger (der hier als Gast in “Modern Gods” zu hören ist) die Klangmöglichkeiten und Besonderheiten der Kirchenorgel in sowohl melodischen als auch harmonischen Improvisationen auslotete. Für ihr gemeinsames Improvisationsprojekt “Vyamanikal” hatten Downes und Challenger eine Erkundungsreise durch Englands Kirchen unternommen, bei der Kit einige der hier zu hörenden Instrumente kennenlernte.
“Als ich anfing die Stücke zu schreiben, hatte ich die Idee im Kopf, diese Orgeln aus unterschiedlichen Teilen Englands miteinander kommunizieren zu lassen. Sie wurden alle zu verschiedenen Zeiten gebaut, haben verschiedene Register und unterschiedliche Klänge. Es ist, als unternähme man eine Zeitreise, bei der man irgendwie versucht, einen gemeinsamen Faden zu finden.”
Mit Ausnahme des weitgereisten traditionellen Liedes “Black Is The Colour” (das schottischen Ursprungs ist, aber in den Appalachen eine neue Heimat fand, und bekanntermaßen 1964 von Luciano Berio für seinen “Folk Songs”-Zyklus adaptiert wurde) und der Schlussnummer “The Gift”
(die auf einer Komposition von Kits Vater basiert) stammen sämtliche Stücke von Downes.  Sie entstanden auf vielfältige Weise. Einige Stücke, darunter “Seeing Things”, sind reine Improvisationen. “Rings Of Saturn”
ist eine Zusammensetzung aus mehreren Improvisationen, die in der Kirche von Snape aufgenommen wurden. Für andere Stücke gab die Improvisation eine Richtung vor, die weiter verfolgt werden sollte. “Ich notierte kurz Elemente, die ich besonders interessant fand, und fing dann an, die Risse zwischen den abstrakten Ideen zu kitten, um vollständigere Stücke zu erhalten.”
“Obsidian” ist auch eine Reflexion über andere mit der Orgel assoziierte Traditionen des Improvisierens. Kit spricht in diesem Zusammenhang mit Bewunderung über Messiaens Arbeit. “Die Orgel ist der ultimative Orchestrator. Was mich an Messiaens Improvisationen wirklich reizt, ist die Art und Weise, wie er die Klänge des Instruments mischt, um der Aufführung echte Form und Farbe zu verleihen. Du kannst im selben Augenblick sowohl Improvisator als auch Orchestrator sein.”