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Jon Batiste – Americana für eine neue Generation

Mit “Big Money” ist Jon Batiste ein großartig abwechslungsreiches Album gelungen, das ebenso kritisch wie ansteckend gut gelaunt ist.
Jon Batiste
Jon Batiste(c) Beth Sacca
21.08.2025
Es gibt nur wenige Musiker, die so gewandt zwischen Genres und Stilarten wechseln wie Jon Batiste. Und nicht nur das: Mal interpretiert der siebenfache Grammy-Preisträger ganz seriös Jazzstandards oder Werke der klassischen Klavierliteratur, dann zeigt er sich gut gelaunt und vor Witz sprühend mit R’n’B und Soul von seiner poppigen Seite. Deshalb ist es für ihn auch nur natürlich, dass er nach “Beethoven Blues”, dem ersten Album einer Reihe mit dem Titel “Batiste Piano Series”, nun mit “Big Money” erneut ein Album mit Songs von kunterbunter Stilvielfalt veröffentlicht, die direkt ins Ohr und die Beine gehen. Allerdings soll auch der Kopf diesmal eine Rolle spielen.
Mit “Big Money” entzieht sich Jon Batiste einmal mehr erfolgreich jedweder Kategorisierung. Das Album ist ein kühnes, kritisches und grooviges Statement zu den Themen Menschlichkeit, Kapitalismus und Amerika. Es spitzt die Dinge auf ihre wesentlichen Elemente zu und bildet dennoch ein reich strukturiertes Gesamtwerk, das von Geist, Ironie, Freude und auch Tiefgang geprägt ist. Die Songs für “Big Money” wurden innerhalb von nur zwei Wochen größtenteils live und in einem Take aufgenommen, was einiges über die erstaunliche Direktheit und Kreativität von Batiste und seinen musikalischen Partnern aussagt. 
Das Herzstück des Albums ist der Titelsong, eine perkussive, von eingängigen Hooks geprägte Country-Gospel-Hymne. Zu dem Song wurde Batiste im vergangenen Jahr durch einen Auftritt im Ryman Auditorium inspiriert, aus dem lange Zeit die legendäre Country-Musik-Radioshow “Grand Ole Opry” gesendet wurde. Entgegen seiner Gewohnheit komponierte er das Lied auf der Gitarre, noch bevor er wusste, dass er ein neues Album aufnehmen würde. Auf den ersten Blick ist es ein mitreißender Appell, wachsam zu sein. Hinter dem packenden Rhythmus verbirgt sich eine vielschichtige Meditation über Kapitalismus und die Dinge, die wirklich zählen.
“Dies ist der Zirkus der Liebe. Unter unserem Zeltdach gibt es Erweckung und Freude", sagt Batiste augenzwinkernd. “Du verlierst deine Seele nicht – du gewinnst sie. Wenn Mama sagt: ‚Sei kein Dummkopf, jeder jagt dem ‘Großen Geld’ hinterher‘, dann möchte sie dich motivieren – und gleichzeitig warnen. Es ist ein zweischneidiges Schwert.” Batiste und der Retro-Soul-Revivalist Nick Waterhouse treiben den Track mit ihren akustischen Gitarren voran. Zusätzlich vitalisiert wird er durch den ergreifenden Gesang der Womack Sisters. Die Mitglieder des aufstrebenden Trios sind die Töchter des R&B-Duos Womack & Womack sowie die Enkelinnen der Soul-Legende Sam Cooke, sie singen im Refrain: “Might as well live for something you can feel… something that’s real.”
Produziert hat Jon Batiste das Album gemeinsam mit seinem langjährigen kreativen Vertrauten Dion Wilson, auch bekannt als No I.D. Zu den weiteren Mitwirkenden gehören Andra Day, der große Randy Newman, Natalie Hemby, Autumn Rowe sowie eine eingeschworene Gruppe von Musikern, Songschreibern und Tontechnikern. Bei den Sessions ging es nicht darum, der Musik den perfekten Schliff zu geben, sondern um das Gefühl und die Präsenz, das Einfangen der Performances in Echtzeit und das Bewahren ihrer “Unvollkommenheiten” als Teil der spirituellen DNA des Albums.
“Big Money” setzt auf Lyrik, Herz und die Kraft der Zusammenarbeit und erschafft Americana für eine neue Generation – basierend auf Batistes Wurzeln in New Orleans, seiner Abstammung von Gospel- und Protestmusik und seiner Liebe zu unverfälschtem, spontanem Ausdruck. Die Klangpalette umfasst Blues, Soul, Country, Reggae und intime Balladen, die hier als Teil eines neuen, sich entwickelnden Genres klassifiziert werden. New Americana.
Variety bezeichnete Jon Batiste einmal als “vielgestaltigen Pianisten und Megawatt-Persönlichkeit”. Auf “Big Money” zeigt er nicht zum ersten Mal, dass er sogar noch viel mehr ist: ein Songwriter mit einem goldenen Händchen für einprägsame Melodien, ein erstaunlicher Multiinstrumentalist und ein wandlungsfähiger Sänger, dessen Stimmumfang von Grabestiefe bis Falsetto reicht. Mit viel Charme und Witz tanzt Batiste auf dem Album zwischen den Stilen, ohne dabei je den Faden zu verlieren. Jeder Track baut auf dem vorherigen auf, sodass eine einheitliche Vision von Musik als Widerstand und Befreiung entsteht. Und das Beste dabei: Der Spaß kommt auf “Big Money” trotzdem nie zu kurz.
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