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Jazz mit Ansage – Johnathan-Blake-Album erschienen

Für sein neues Album hat Schlagzeuger Johnathan Blake eine Jazz-Suite komponiert, mit der er dazu aufruft, gegen Ungerechtigkeit aufzubegehren. Im Oktober stellt er sie live in Deutschland vor. 
Johnathan Blake
Johnathan Blake(c) Blue Note Records / Travis Bailey
17.09.2025
Johnathan Blake live in Deutschland
Für Johnathan Blake war Musik immer eine Familienangelegenheit. Das wurde schon bei seinen ersten beiden Alben für Blue Note deutlich. “Homeward Bound”, das Titelstück seines 2021 erschienenen Debüts für das Label, war Ana Grace Marquez-Greene gewidmet. Ana Grace, die 2012 dem Sandy-Hook-Massaker zum Opfer fiel, war die Tochter des Saxofonisten Jimmy Greene und der Flötistin Nelba Marquez-Greene – zwei langjährigen Freunden von Johnathan. Zwei Jahre später veröffentlichte der Schlagzeuger das Album “Passage”, das wiederum eine Hommage an seinen Vater und wichtigsten Mentor, den 2014 verstorbenen Jazzgeiger John Blake Jr., war. Beide Alben hatte Johnathan Blake mit seinem Quintett Pentad eingespielt, das er als seine “Brotherhood” bezeichnet, da die Musiker für ihn wie Brüder sind. Doch mit “My Life Matters” legt Blake nun sein bisher persönlichstes und zugleich ambitioniertestes Werk vor.
Die Suite “My Life Matters” entstand als Auftragskomposition für die Fellowship Series der Jazz Gallery in New York. Als künstlerische Leiterin und Programmdirektorin des Clubs  fungiert seit 25 Jahren Blakes Ex-Frau Rio Sakairi. ‘My Life Matters’ wurde 2017 im Auftrag der Jazz Gallery Fellowship Commission komponiert, einige Jahre nach der Entstehung der ‘Black Lives Matter’-Bewegung”, schreibt sie in den Liner Notes des Albums. “Zu diesem Zeitpunkt hatte Johnathan bereits seit über 20 Jahren als professioneller Musiker mit der Crème de la Crème der Jazzwelt zusammengearbeitet: Kenny Barron, Tom Harrell, Maria Schneider, Ravi Coltrane, Pharaoh Sanders und Donny McCaslin, um nur einige zu nennen. Aber als Komponist hatte er sich bisher noch nicht ernsthaft einen Namen gemacht. Der Auftrag gab ihm die Gelegenheit, sich als der Künstler zu zeigen, der er wirklich ist. Und das hat er getan.”
“Genau zu der Zeit, als ich diese Musik schrieb, schien es, als würde ich alle zwei Tage in den Nachrichten hören oder sehen, dass eine weitere ‘Person of Color’ durch die Hand von Menschen getötet worden war, die uns eigentlich dienen und beschützen sollten”, sagt Blake. “Ich wollte nicht abstumpfen gegenüber den Dingen, die sich vor meinen Augen abspielten. Ich wollte mich durch meine Musik zu Wort melden.” Inspirieren ließ er sich auch von den Lektionen, die ihm seine Eltern vermittelten. “Als meine Schwestern und ich aufwuchsen, sagten sie immer: ‘Wenn du Ungerechtigkeit siehst und nichts tust, bist du Teil des Problems.’”
Das Ergebnis sind vierzehn abwechslungsreiche Originalkompositionen, in denen es einerseits um die soziale Notwendigkeit geht, gegen Ungerechtigkeit aufzubegehren, andererseits aber auch um die Bedeutung von Familienwerten. Wie wichtig ihm letztere sind, unterstreicht Johnathan Blake dadurch, dass er seine Ex-Frau und die beiden gemeinsamen Kinder – Tochter Muna und Sohn Johna – in die Arbeit an dem Album einbezog. Rio Sakairi gab vielen Stücke ihre Titel und verfasste auch das Gedicht “I Still Have A Dream”, das von Muna in dem gleichnamigen Stück rezitiert wird. Johna ist wiederum mit einem kurzen Bass-Solo in “We’ll Never Know” zu hören. 
Für die Aufnahmen des von Derrick Hodge koproduzierten Albums stellte Blake eine neue Band aus langjährigen musikalischen Mitstreitern und alten Freunden zusammen. Mit von der Partie sind der Saxofonist Dayna Stephens, der Pianist Fabian Almazan, der Bassist Dezron Douglas und der junge, aufstrebende Vibrafonist Jalen Baker, Absolvent der renommierten High School for the Performing and Visual Arts in Houston. Als Gäste treten außerdem der Turntable-Spezialist DJ Jahi Sundance und der Neo-Soul-Sänger Bilal auf. In den kurzen Interludes zwischen den Stücken der Suite erhält jeder einzelne von ihnen Gelegenheit, sich solistisch in Szene zu setzen.
Obwohl es nicht Blakes Absicht war, ein Protestalbum im Stil von Max Roachs “We Insist! Freedom Now Suite” zu machen, folgt er gerne der Aufforderung seines Vorgängers und gibt dieser Art von Musik so Kontinuität. “Diese Musiker haben die Messlatte für uns sehr hoch gelegt. Wir müssen diesem Beispiel folgen. Wenn wir das nicht tun, erweisen wir ihnen einen Bärendienst.”
“Es geht nicht nur um ‘Black Lives Matter’, sondern um uns alle”, sagt Johnathan Blake abschließend. “Wir müssen lernen, zusammenzuleben. Wir wurden alle erschaffen, um in Harmonie miteinander zu leben. Diese Stücke sollen als Ausgangspunkt für eine offene Diskussion darüber dienen.”