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“Tone Poet”-Serie – stilistisches Kontrastprogramm

In Blue Notes audiophiler “Tone Poet”-Vinyl-Reihe erscheinen diesmal ein Soul-Jazz-Juwel von Tenorsaxophonist Harold Vick und ein Post-Bop-Album von Vibraphonist Bobby Hutcherson.
 Bobby Hutcherson - Stick Up! / Harold Vick: Steppin' Out! (Tone Poet Vinyl)
Bobby Hutcherson - Stick Up! / Harold Vick: Steppin' Out! (Tone Poet Vinyl)
03.11.2022
Diese LPs und weitere Folgen aus der Blue Note Tone Poet-Serie finden Sie in unserem JazzEcho-Store.
Die Vinyl-Wiederveröffentlichungen der “Tone Poet”-Reihe präsentieren Klangpoeten, die ihren eigenen Weg gegangen sind, um einige wirklich originelle Sounds zu erzeugen. Inspiriert wurde Blue-Note-Präsident Don Was zu dieser Kollektion durch die außergewöhnlichen audiophilen Vinyl-Wiederveröffentlichungen, die Joe Harley seit Jahren bei dem von ihm mitgegründeten Label Music Matters herausbringt. Der Saxofonist Charles Lloyd verlieh ihm für sein außerordentliches Gespür für die Klangästhetik des LP-Formats den Ehrentitel “Tone Poet”, den Harley heute mit Stolz trägt. Die LPs der Reihe werden mit viel Liebe für Details gefertigt – angefangen bei der Tonqualität und dem Mastering über die hochwertige Pressung auf 180-Gramm-Vinyl bis hin zur Gestaltung der schweren, laminierten Gatefold-Sleeves und der Druckqualität.
Harold Vick – Steppin’ Out
Dass “Steppin’ Out” auch fünfzig Jahre nach seiner Einspielung noch immer als “verstecktes Juwel des Soul-Jazz” gilt, liegt wohl vor allem daran, dass sich Harold Vick nie wirklich als Solokünstler etablieren konnte. Denn zwischen 1963 und 1977 spielte der Tenorsaxofonist, der 1987 mit 51 Jahren starb, lediglich acht Alben unter eigenem Namen ein. Ansonsten beschränkte er sich auf die Rolle des Sideman. Gefragt war er wegen seiner packend-funkigen Phrasierung in den 1960er Jahren vor allem bei Hammond-Organisten, die Soul-Jazz spielten, begleitete aber auch Vokalgrößen wie Ray Charles und Aretha Franklin. “Steppin’ Out” war 1963 nicht nur Harold Vicks erstes Soloalbum, sondern zugleich auch sein einziges für Blue Note. Das Programm für sein Debüt hatte er aus fünf selbst komponierten Titeln und dem Titelsong des Film noir “Laura” zusammengestellt. Zur Seite standen Vick bei der Session der Trompeter Blue Mitchell, Gitarrist Grant Green, Hammond-Organist Big John Patton und Schlagzeuger Ben Dixon. In der exakt selben Besetzung sollte übrigens Big John Patton zwei Jahre später auch sein Album “Oh Baby!” aufnehmen, das erst vor kurzem in der “Blue Note Classics Vinyl Edition” wiederveröffentlicht wurde. Welche Wertschätzung der Tenorsaxofonist unter seinen Kollegen genossen hatte, zeigte sich vor zwanzig Jahren, als Sonny Rollins ihm auf dem Grammy-prämierten Album “This Is What I Do” eine Komposition mit dem Titel “Did You See Harold Vick?” widmete.
Bobby Hutcherson – Stick-Up!
Im selben Jahr wie Harold Vick spielte auch der Vibraphonist Bobby Hutcherson sein Debütalbum “The Kicker” für Blue Note ein, das allerdings erst 1999 veröffentlicht werden sollte. Anders als Vick etablierte sich Hutcherson aber schnell zu einem der neuen Stars des Labels, dem er in den folgenden fünfzehn Jahren die Treue hielt. Auf den ersten Alben, die er bei Blue Note herausbrachte, stand Hutcherson noch recht deutlich unter dem etwas avantgardistischeren Einfluss seines vormaligen Chefs und Mentors Eric Dolphy. Dies änderte sich 1966 auf dem Album “Stick-Up!”, für das Hutcherson die Besetzung seiner Band komplett austauschte und erstmals mit Pianist McCoy Tyner, Bassist Herbie Lewis und Schlagzeuger Billy Higgins zusammenarbeitete. Einzig Tenorsaxofonist Joe Henderson hatte zuvor schon einmal mit dem Vibraphonisten aufgenommen. Neben fünf Kompositionen des Bandleaders interpretiert das Quintett mit “Una Muy Bonita” ein oftmals übersehenes Juwel aus Ornette Colemas Feder.
“Hutchersons Originale zeigen ihn als Komponisten in Bestform, und das Spiel des Ensembles ist durchweg geschlossen und fokussiert”, meint Steve Huey bei AllMusic über das Album, “aber was ‘Stick-Up!’ wirklich zu einem der besten Alben von Hutcherson macht, ist seine knisternde Energie. Es ist wahrscheinlich das am stärksten swingende Album, das er je aufgenommen hat, und ein Teil des Verdienstes gebührt der hervorragenden Rhythmusgruppe mit McCoy Tyner am Klavier, Herbie Lewis am Bass und Billy Higgins am Schlagzeug, die ein treibendes, pulsierendes Fundament legt, das Hutcherson und den Tenoristen Joe Henderson wirklich vorantreibt.”
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