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Jamie Cullum – Live At Blenheim Palace

29.10.2004
Zeitloses Entertainment an historischer Stätte: Die DVD “Jamie Cullum – Live At Blenheim Palace” dokumentiert eine einzigartige Live-Show des singenden Piano-Superstars.

Der Palast von Blenheim steht im britischen Woodstock, etwa acht Meilen von Oxford entfernt. Es ist ein riesiger, turmreicher Bau, der einzige in England, der als “Weltkulturerbe” gilt. Man hat von dort einen herrlichen Blick über eine weite, grüne Hügel- und Seenlandschaft. Etwas mit Namen Blenheim ist allerdings nicht in Sicht. Der zum ersten Herzog von Marlborough ernannte John Churchill bekam den Landstrich und einen dort zu errichtenden Palast einst von seiner dankbaren Königin Anne geschenkt, weil er ihr am 13. August 1704 die Schlacht bei Höchstädt gegen die Franzosen gewonnen hatte. Und zwar in der Nähe eines bayrischen Donaudörfchens namens Blindheim.
Was tatsächlich im Angelsächsischen ein wenig wie “Blenheim” klingt und im Palastnamen sowieso besser als vielleicht “Palace of Höchstädt” oder “Blindheim Palace”. Historiker kennen das marlboroughsche Gemäuer – übrigens fertiggestellt mit Mitteln aus des Herzogs eigener Schatulle, nachdem der bei der Königin in Ungnade gefallen war – auch als Geburtsort von Winston Churchill. Britische Musikliebhaber feiern den Palasthof seit kurzem als einen der schönsten und beeindruckendsten Open-Air-Konzertplätze des Vereinigten Königreichs.
 
Zur Eröffnung der Reihe “Live At Blenheim Palace”, die in diesem Jahr überhaupt zum ersten Mal veranstaltet wurde, gab Jamie Cullum dort, wie er selbst meint, “vielleicht das denkwürdigste Konzert meines Lebens”. Glücklicherweise wurde der gesamte Abend für eine jetzt erscheinende DVD mitgeschnitten. Jamie Cullum betritt die Bühne mit einem Glas Rotwein in der Hand. Lachen mischt sich unter den Applaus, als er Tausenden von Fans zuprostet. Im nächsten Moment tauscht er das Glas gegen ein Mikrophon und beginnt zu singen. Die Intro zu “I Get A Kick Out Of You”. Acapella, natürlich. Das Publikum harrt in erwartungsvoller Spannung aus, um in Begeisterung auszubrechen, als auch der Rest der Band einsetzt.

Die Stimmung ist gut, sehr gut sogar. Kaum zu steigern, denkt man. Von wegen. Langsam aber sicher, gekonnt und kontinuierlich, baut der “Zirkuszwerg” (Jamie über Jamie) an diesem Abend die Stimmung auf. Er macht “Frontin'”, sein gern gehörtes Cover des HipHop-Hits der Neptunes, zur ausgiebigen Jazz-Jam. Er zeigt auf einen kleinen Orientteppich, der direkt vor seinem Gesangsmikro liegt. “Britney Spears hat in ihrer Live-Show Schlangen und Lesben”, sagt er. “Ich habe nur diesen alten Teppich von meiner Oma.” Er singt “God Only Knows” von den Beach Boys in einem Eleanor-Rigby-artigen Arrangement für Streichquartett. Jamie, der selbst angeblich nichts so gut kann, wie faul sein, stellt seine neue “Hymne der Faulen” vor, “Why Do Today What You Can Do Tomorrow?”, einen schönen Singer/Songwriter-Song zur eigenen Gitarrenbegleitung. Ein Mädchen aus dem Publikum ruft: “I love you”. Er entgegnet: “I love you too, Mum!”

Natürlich spielt er bei “Next Year Baby” ein perfektes Percussion-Solo auf seinem Flügel und geht später zu “Singing In The Rain” durchs Publikum. Fast zwei Stunden lang gibt der Wuschelkopf im Bulldoggen-T-Shirt wirklich alles. Unterstützt von seiner Band mit Bassist Geoff Gascoyne, den Jamie auch als Arrangeur und Organisator lobt, und Sebastiaan de Kromm am Schlagzeug. Dazu kommen Barnaby Dickinson an der Posaune, der Trompeter John Hoare, Saxophonist Ben Castle, Gitarrist Malcolm MacFarlane und das British Session Orchestra.

In bester Tonqualität aufgezeichnet und mit acht Kameras gefilmt, die sich erstaunlicherweise nie in die Quere kommen. Zwischen den Konzertsequenzen dieser DVD finden sich sechs filmische Features, von “A Love Supreme” bis “Plymouth Concert”, die den kleinen Mann hinter dieser großartigen Musik beleuchten. In Interviews und Backstage-Reportagen erfährt man alles mögliche und unmögliche. Einmal bezeichnet er sich als “Jazz-Prostituierte” und erklärt: “Meine Musik ist kein purer Jazz. Sie kommt aus einer Pop-Perspektive. Es ist populäre Musik. Und Jazz hat seinen Platz in der populären Musik.” Später begründet er seine Liebe zum Jazz mit seiner eigenen Experimentierfreudigkeit und erzählt immer wieder, wie er mit seiner Version von “Smells Like Teen Spirit” Mädchen verführt hat. Es gibt Berichte über seine US-Tour und seinen ersten Auftritt beim Glastonbury Festival im Jahre 2000. Außerdem gesteht Jamie Cullum seine Faszination für die “Beat Generation”, besonders Jack Kerouac und dessen Roman “Unterwegs”, und unterzeichnet freudig erregt die T-Shirts seiner weiblichen Fans, besonders eines mit der “It Ain’t Neccessarily So” zitierenden Aufschrift: “Jamie is small y´but oh my!” Es macht Spaß, dem mittlerweile weltweit erfolgreichen Entertainer zuzusehen. Er ist sympathisch und wirkt absolut ehrlich und echt, egal ob hinter oder auf der Bühne. “Ich habe immer nur um der Musik willen Musik gemacht und mich dabei nie um eine mögliche Karriere gekümmert”, sagt er irgendwann auf dieser DVD. “Das war wahrscheinlich die beste Art, mich auf meine Karriere vorzubereiten.”
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