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Oded Tzur – genialer Klangtüftler am Tenorsax

Nach Anat Fort, Avishai Cohen, Shai Maestro und Yonathan Avishai präsentiert ECM auf “Here Be Dragons” einen weiteren Musiker aus Israel: den Tenorsaxophonisten Oded Tzur.
Nitai Hershkovits, Oded Tzur, Petros Klampanis, Jonathan Blake
Nitai Hershkovits, Oded Tzur, Petros Klampanis, Jonathan BlakeCaterina di Perri / ECM Records
12.02.2020
“Wenn er hinter einem Vorhang aufträte, könnte niemand sagen, welches Instrument er spielt”, lobt ihn sein Mentor Hariprasad Chaurasia. Seine Band wurde in der Presse bereits als “das Coltrane-Quartett des 21. Jahrhunderts” gefeiert. Die Rede ist hier von dem aus Tel Aviv stammenden Tenorsaxophonisten Oded Tzur, der nach einer Zwischenstation in Rotterdam (wo er bei Chaurasia studierte) seit 2011 in New York eine neue Heimat gefunden hat. Mit “Here Be Dragons” gibt Tzur, der zu den originellsten und bemerkenswertesten Musikern zählt, die in der jüngeren Vergangenheit aus der kreativen Jazzszene Israels hervorgegangen sind, nun mit einem umbesetzten Quartett seinen phänomenalen Einstand bei ECM Records.
Oded Tzur hat geschafft, was nur wenigen gelingt: einen wirklich neuen und sehr persönlichen Sound für das Tenorsaxophon zu finden. Die Inspiration dazu lieferte ihm ein ausgedehntes Studium bei dem Bansuri-Meister Hariprasad Chaurasia. Unter dessen Anleitung vertiefte er sich ab 2007 in das Studium der klassischen nordindischen Musik und meisterte es bald, dass für Ragas typische Gespür für Tonhöhenfluidität und mikrotonale Schattierungen in einen Jazzkontext einzubringen. Auf elegante Weise erkundet und entfaltet er mit seinem subtil interagierenden Quartett die melodischen und atmosphärischen Stränge seiner Stücke. Strukturell ist jede von Tzurs Kompositionen auf “Here Be Dragons” darauf ausgerichtet, einen “Miniatur-Raga” über einem beweglichen Bass zu entwickeln. Dadurch werden zwei musikalische Konzepte einander gegenübergestellt. “Der Dialog zwischen diesen Dimensionen führt uns, wohin er uns auch immr führen mag”, sagt Oded. Die Ragas, die in den Stücken “Here Be Dragons”, “20 Years” und “The Dream” eingesetzt werden, sind Eigenkreationen von Tzur. In “To Hold Your Hand” verwendet er hingegen eine melodische Grundstruktur aus der karnatischen Musik, die Charukesi genannt wird und nach ähnlichen Prinzipien funktioniert. Er legt allerdings Wert auf die Feststellung, dass der Raga für ihn ein universelles Konzept ist. “Ich höre seine Verbindungen zu in Synagogen gesungenen Gebeten oder zum Blues – der eine wunderbare Schöpfung ist – und zu Musik aus aller Welt.” In seinen Werken verweist Oded auf althergebrachte und moderne Traditionen, darunter die des Geschichteerzählens. “Wenn Musik das Potenzial hat, Geschichten zu erzählen”, schrieb Dan McClenaghan auf All About Jazz, “dann erweist sich Saxophonist Oded Tzur als einer der besten Geschichtenerzähler der Jazzwelt.” Dass in Tzurs Konzept auch Platz für überraschende Songs ist, beweist er zum Abschluss des Albums mit einer einfühlsamen Interpretation der Ballade “Can’t Help Falling In Love”, die durch Elvis Presley Berühmtheit erlangte.
Die tiefsinnigen musikalischen Interaktionen innerhalb des Quartetts sind beeindruckend. “Das Zusammenspiel geht über reines Einfühlungsvermögen hinaus”, urteilte DownBeat. Odeds international besetzte Band setzt sich aus dem israelischen Pianisten Nitai Hershkovits, dem griechischen Bassisten Petros Klampanis und dem US-amerikanischen Schlagzeuger Johnathan Blake zusammen. Hershkovits, der für Shai Maestro ins Quartett kam, erweckte erstmals größere Aufmerksamkeit als Mitglied der Gruppen des Bassisten Avishai Cohen. Bassist Petros Klampanis ist seit Oded Tzurs Ankunft in New York eine tragende Säule in den Bands des Tenorsaxophonisten; unter eigenem Namen spielte er zuletzt ein Album mit dem Pianisten Kristjan Randalu ein, der vor zwei Jahren mit “Absence” bei ECM debütierte. Das neueste Mitglied des Ensembles ist Johnathan Blake, der aus einer angesehenen Musikerfamilie stammt. Sein Vater, der Geiger John Blake, spielte unter anderem mit McCoy Tyner. Johnathan hat in den verschiedensten Kontexten gearbeitet und mit Größen wie Kenny Barron, Pharoah Sanders, Dave Holland, Tom Harrell und Dr. Lonnie Smith gespielt. Vor kurzem startete er ein eigenes neues Projekt mit dem Saxophonisten Chris Potter und der Bassistin Linda May Han Oh.
Rechtzeitig zur Veröffentlichung von “Here Be Dragons” kommt das Oded Tzur Quartet für einige Konzerte nach Deutschland. Am 16. Februar tritt es im Berliner A-Trane auf, am 17. Februar im Krefelder Theater, am 26. Februar in Schloss Elmau, am 28. Februar im Birdland in Neuburg und am 1. März schließlich im Jazzhaus Freiburg.