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Mit den Ohren “sehen” und mit den Augen “hören” – Zum 90. Geburtstag von Jean-Luc Godard

Am 3. Dezember feiert der Filmregisseur seinen 90. Geburtstag. Aus diesem Anlass präsentiert ECM noch einmal seine drei gefeierten Godard-Projekte “Nouvelle Vague”, “Histoire(s) Du Cinema” und “Four Short Films”.
Jean-Luc Godard
Jean-Luc GodardFondation Jean Pascal Imsand Lookat / ECM Records
03.12.2020
“Kein anderer Filmemacher”, so schrieb der Filmkritiker Scott Foundas 2014 in Variety über Jea-Luc Godard, “hat im letzten halben Jahrhundert dieser Kunstform mehr dafür getan, die Möglichkeiten des bewegten Bildes auf die Probe zu stellen und erneut zu bekräftigen.” Gemeinsam mit seinem Freund und Kollegen François Truffaut prägte der 1930 in Paris geborene Godard in den 1960er Jahren durch Filme wie “Außer Atem” (“À bout de souffle”), “Die Verachtung” (“Le Mépris”) und “Elf Uhr nachts” (“Pierrot le fou”) die Nouvelle Vague. Am 3. Dezember feiert Godard, der 2010 für sein Lebenswerk mit einem Ehrenoscar geehrt wurde, seinen 90. Geburtstag. Aus diesem Anlass präsentiert ECM Records nun noch einmal seine von der Kritik gefeierten Godard-Projekte “Nouvelle Vague”, “Histoire(s) Du Cinema” und “Four Short Films”.
Der französisch-schweizerische Filmregisseur unterhält schon seit langem eine besondere Beziehung zu ECM.  In den zurückliegenden 30 Jahren integrierte er in seine Filme regelmäßig ECM-Aufnahmen. In seinem 3D-Film “Adieu au language”, der 2014 bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes mit dem Preis der Jury ausgezeichnet wurde, verwendete Godard neben Musik von Tschaikowsky, Beethoven und Schoenberg zum Beispiel auch ECM-Aufnahmen von Giya Kancheli, Dobrinka Tabakova und Valentin Silvestrov. ECM Records selbst veröffentlichte einige Schlüsselwerke Godards.
Die Doppel-CD “Nouvelle Vague” (ECM 1600/01) präsentierte 1997 den kompletten Soundtrack (mit Dialogen, Musik und Geräuschen) des gleichnamigen Films und markierte den Beginn der Zusammenarbeit zwischen Godard und ECM-Produzent Manfred Eicher. “Wenn Sie den Soundtrack ohne die Bilder ‘sehen’, wird er eine noch größere Wirkung entfalten”, meinte Godard damals. Unter den Musikern, die dort zu hören sind, befinden sich Dino Saluzzi, David Darling, Paul Hindemith, Arnold Schoenberg, Paul Giger, Meredith Monk und Heinz Holliger.
Die fünf CDs umfassende Box “Histoire(s) du Cinéma” (ECM 1706–10) bot 1999 den komplex verwobenen Soundtrack von Godards monumentaler Videoreihe, einem Werk, das häufig als sein Magnum Opus bezeichnet wird. Beschrieben wurde es auch als “ein erweiterter Essay über das Kino mit Hilfe des Kinos. Eine Geschichte des Kinos und vom Kino interpretierte Geschichte. Eine Hommage und eine Kritik.” Diese Geschichte(n) des Kinos werden von Jean-Luc Godard mit Hilfe von Juliette Binoche, Julie Delpy, Anne-Marie Miéville und Zitaten von André Malraux, Ezra Pound, Paul Celan und anderen erzählt. Godards Montage umfasst dabei auch die Musik von Paul Hindemith, Arvo Pärt, Ludwig van Beethoven, Giya Kancheli, Béla Bartók, Franz Schubert, Igor Strawinsky, Johann Sebastian Bach, John Coltrane, Leonard Cohen, Dmitri Schostakowitsch, Anton Webern, Dino Saluzzi und vielen anderen.
“Four Short Films” (ECM Cinema) war 2006 die erste DVD-Veröffentlichung von ECM. Die Scheibe enthält vier Gemeinschaftswerke von Jean-Luc Godard und Anne-Marie Miéville, die zwischen 1993 und 2002 entstanden: “De l’origine du XXIème siècle”, “The Old Place”, “Liberté et patrie” und “Je vous salue, Sarajevo”. Im Daily Telegraph beschrieb Sukhdev Sandhu diese Filme als “Video-Essays, die gleichzeitig persönlich und politisch, künstlerisch und abstrakt sind, und Themen von der Rolle des Gedächtnisses in einer Zeit der Amnesie bis zum Status des Bildes in Konsumgesellschaften umfassen. Sie haben eine meditative Intensität, die ziemlich betörend ist.” Der Kritiker und Schriftsteller Michael Althen merkte wiederum an, dass die vier Kurzfilme “alles umfassen: Kunst und Freiheit, Präsenz und Erinnerung, Gewalt und Leidenschaft. Vier Symphonien, die aus Bildern, Tönen, Zitaten und Tonspuren bestehen. Vier Essays, in denen das Kino selbst zu uns zu sprechen scheint, im freundschaftlichen Dialog mit Malerei, Literatur und Musik – als Bruder aller Künste”.