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Lumen Drones – Anarchistische Archaik

Mit einer ungewöhnlichen Besetzung präsentiert sich die psychedelische Drone-Band Lumen Drones auf ihrem gleichnamigen Debütalbum.
Lumen Drones: Ørjan Haaland, Per Steinar Lie,Nils Økland
Lumen Drones: Ørjan Haaland, Per Steinar Lie,Nils Økland© Edgar G. Bachel
23.10.2014
In der Musik ist alles schon einmal da gewesen ist, behaupten Kritiker der zeitgenössischen Szene gerne. Und natürlich war für sie früher alles auch immer besser. Das norwegische Trio Lumen Drones widerlegt solche Behauptungen auf seinem gleichnamigen Debütalbum nun eindrucksvoll. Denn eine Band mit einer solchen Besetzung und einer solchen musikalischen Mischung hat es tatsächlich noch nie gegeben. Gemeinsam mit dem Gitarristen Per Steinar Lie und Schlagzeuger Ørjan Haaland, zwei Mitgliedern der norwegischen Post-Rock-Gruppe The Low Frequency In Stereo, wagt sich Nils Økland, ein Meister der norwegischen Hardangerfiedel (ein Instrument, dessen Ursprünge sich bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgen lassen), hier auf weitgehend unerforschtes Klangterrain vor. Die drei Musiker bezeichnen ihr Projekt als “psychedelische Drone-Band”. Aber der stilistische Ansatz ist in Wirklichkeit viel breiter gefächert und dürfte beim Hörer gelegentlich musikalische Assoziationen wecken: etwa an die Musik von The Doors, Velvet Underground, Sonic Youth, Durutti Column oder “den Jazz des Dave Pike Set”. Doch die Lumen Drones streifen auch durch die Gefilde von modaler Musik, Ambient, Folk, Minimal sowie Noise und kreieren dabei eine aufregende neue Musik.

Die Wurzeln der Band reichen bis ins Jahr 2008 zurück, als The Low Frequency In Stereo Nils einluden, auf ihrem Album “Futuro” zu gastieren. “Nach der Aufnahmesession blieben wir in Kontakt und schickten uns gegenseitig Aufnahmen zu, die uns gefielen”, erzählt Nils Økland. “Wir lebten allesamt in Haugesund [einer Stadt an der Südwestküste Norwegens], trafen uns regelmäßig und sprachen immer wieder davon, noch einmal etwas zusammen zu machen.” Die Gelegenheit dazu ergab sich im Februar 2010, als Nils Økland, Per Steinar Lie und Ørjan Haaland mit unterschiedlichen Ensembles bei einem Benefizkonzert für Erdbebenopfer aus Haiti auftraten. Der Konzertpromoter ermutigte die drei Musiker, gemeinsam auf die Bühne zu steigen. “Der Auftritt verlief gut und wir erhielten viel positives Feedback”, erinnert sich Ørjan Haaland. “Am nächsten Tag rief Per Steinar Nils an und fragte, ob wir nicht eine Band gründen sollten…” Es folgten intensive Proben in einer alten Kirchenhalle, bei denen sie über einen langen Zeitraum hinweg “improvisierte Demos” aufnahmen, in denen sie über Melodielinien, Riffs oder Rhythmusmuster jammten.

“Da wir unterschiedliche musikalische Backgrounds haben, klingt die Musik ganz anders als alles, was wir vorher gemacht hatten”, meint das Trio. “Es ist eine Mischung aus Post-Rock, Improvisationen, psychedelischen Elementen und der Tonalität der Hardangerfiedel. Teile der Musik – oder der Themen – mögen zwar ziemlich festgelegt sein, aber wir spielen sie trotzdem niemals gleich, sondern variieren sie… ein Großteil der Musik basiert harmonisch auf Drones (Bordunen), so wie das auch oft bei Folk-Musik der Fall ist.” Während die Musik also in gewisser Weise “archaisch” ist, ist die weitere Vorgehensweise des Ensembles dann allerdings eher “anarchistisch”. “Wir räumen der Improvisation viel Raum ein und lassen uns von ihr den Weg weisen”, sagt Nils Økland. “Manchmal kann ich mich einfach nicht daran erinnern, was ich das letzte Mal gespielt hatte, und improvisiere dann eine Passage, Aber ich höre mir auch die Bänder von unseren Proben an und übernehme von ihnen gewisse Elemente.”