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Frei von atmosphärischen Störungen – ein Meisterwerk der Improvisation

Mit “Atmosphères” schufen Tigran Hamasyan, Arve Henriksen, Eivind Aarset und Jan Bang ein experimentelles Doppelalbum mit atmosphärischer Anziehungskraft.
Atmosphères
Atmosphères© ECM Records
02.09.2016
Zwei neue Quartette veröffentlichen diese Woche bei ECM ihre ersten Alben. Beide setzten sich aus modernen Meistern des improvisierten Spiels zusammen, die sich erstmals in dieser Konstellation begegnen. Dennoch könnten die Projekte kaum unterschiedlicher klingen. Auf dem Doppelalbum “Atmosphères” trifft der armenische Pianist Tigran Hamasyan auf die drei Norweger Arve Henriksen (Trompete), Eivind Aarset (Gitarre) und Jan Bang (Live-Sampling). Noch internationaler ist die Besetzung von “Ida Lupino” mit den beiden Italienern Giovanni Guidi (Piano), Gianluca Petrella (Posaune), dem Franzosen Louis Sclavis (Klarinetten) und dem US-Amerikaner Gerald Cleaver (Schlagzeug).
Beim Zustandekommen des neuen Projekts von Tigran Hamasyan, Arve Henriksen, Eivind Aarset und Jan Bang spielten Intuition, Risikobereitschaft und der Zufall nicht unerhebliche Rollen. Die Idee zu ihm kam ECM-Produzent Manfred Eicher, als er im September 2013 in einer Radiosendung des Deutschlandfunks einen kurzen Ausschnitt von einer Performance hörte, die Pianist Tigran Hamasyan und Live-Sampling-Spezialist Jan Bang beim Punkt-Festival im norwegischen Kristiansand geboten hatten. Eicher erkannte das Potenzial dieser Kombination und entschied, nach Rücksprache mit den beiden Musikern, auch noch Trompeter Arve Henriksen und Gitarrist Eivind Aarset in das Projekt einzubinden, das sich nun auf dem Doppelalbum “Atmosphères” vorstellt. Die drei norwegischen Teilnehmer hatten zuvor schon in diversen Konstellationen Aufnahmen für ECM gemacht: so wirkte Jan Bang beispielsweise an Eivind Aarsets Album “Dream Logic” mit, und beide spielten zusammen wiederum auf Arve Henriksens “Cartography” mit. Durch die Einbeziehung von Tigran Hamasyan eröffneten sich ihnen hier nun aber ganz andere musikalische Inspirationsquellen.
Als das “Atmosphères”-Projekt geboren wurde, bereitete Hamasyan gerade Material für ein Album mit neuen Chorarrangements von armenischer Kirchenmusik vor. “Luys i Luso” wurde drei Monate nach “Atmosphères”.
aufgenommen und enthielt Werke von Komitas Vardapet (1869–1935), die nun auch von dem neuen Quartett für sein Album aufgegriffen wurden. Sie wirken hier wie Inseln in einem Strom: die Wellen der Musik schwellen langsam an und verebben um sie herum. Es ist ein experimentelles Album mit atmosphärischer Anziehungskraft, das man aus verschiedenen Perspektiven angehen kann. Die Hörer werden abwechselnd dazu eingeladen, sich von der Musik einfach nur dahintragen zu lassen, ihre klanglichen Details näher zu erkunden oder aber den Improvisationen zu folgen, während gleichzeitig musikalische Strukturen offenbart und neue Formen geschaffen werden.
Wie sehr die Chemie zwischen diesen vier erstaunlichen Musikern stimmte, verdeutlicht schon die Tatsache, dass dieses Doppelalbum, ganz in der Tradition vieler improvisierter ECM-Aufnahmen, innerhalb von nur drei Tagen eingespielt und abgemischt wurde. Am 3. September wird “Atmosphères” bei einem speziellen Album-Release-Konzert auf dem Punkt-Festival erstmals der Weltöffentlichkeit präsentiert. Am 10.September geben Tigran Hamasyan, Arve Henriksen, Eivind Aarset und Jan Bang dann ein Konzert auf Schloss Elmau in den bayrischen Alpen. Und am 29. November tritt das Quartett schließlich noch im Münchener Prinzregententheater auf.