Das Bandoneón ist das charakteristische Instrument des Tangos. Doch Dino Saluzzi zeigt, seit er seine Karriere in den 1950er Jahren beim Orquesta de Radio El Mundo in Buenos Aires begann, dass das Bandoneón auch außerhalb des Tango-Zirkels existieren kann. Während sein Kollege Astor Piazzolla den Nuevo Tango kreierte, spezialisierte sich Saluzzi darauf, die Folkloremusik des argentinischen Hochlands, aus dem er stammt, mit Avantgarde, Jazz und Klassik zu verknüpfen. Einige seiner faszinierendsten Alben spielte er mit seiner “Familienband” ein. Das letzte, “Juan Condori”, erschien vor beinahe zehn Jahren. Nun versammelte er das Ensemble in Buenos Aires wieder um sich, um “El Valle de la Infancia” einzuspielen.
Zu hören ist der 79-Jährige hier mit seinem jüngeren Bruder Félix an Tenorsax und Klarinette, seinem Sohn José María an Gitarren und dem Neffen Matías am Bass. Zu dem musikalischen Familienclan stießen noch Nicolás “Colacho” Brizuela, der eine siebensaitige Gitarre spielt und international durch seine langjährige Zusammenarbeit mit der 2009 verstorbenen Mercedes Sosa bekannt wurde, sowie Schlagzeuger Quintino Cinalli. “Dieses Werk wimmelt von verschiedenen Genres”, heißt es im Begleittext zu “El Valle de la Infancia”. “Von Tänzen wie Zamba über Carnavalito bis Chacarera… Die Musik fängt die Naturwelt ein, aus der sie stammen: Nordargentinien, glühend vor Wehklagen, verzweifelt vor Freude.” Mit diesem Album kehrt Saluzzi ins Tal seiner Kindheit (so der Titel ins Deutsche übersetzt) zurück. “Der Ort, an dem wir geboren werden, ist alles”, hat er einmal gesagt. “Wo ich aufwuchs, gab es diese Art Verschmutzung der ländlichen durch die zivilisierte Welt nicht. Die Melancholie, die man in meiner Musik hören kann, ist teilweise darauf zurückzuführen, dass ich Zeuge von Dingen war, die ich nie sehen wollte.”