Dave McMurray | News | Rauh, aber herzlich - ein Deadhead aus Detroit

Rauh, aber herzlich – ein Deadhead aus Detroit

Auf “Grateful Deadication 2” unternimmt der Detroiter Saxofonist Dave McMurray einen zweiten Ausflug in die Gedanken- und Musikwelt von Jerry Garcia, Bob Weir und Grateful Dead.
Dave McMurray
Dave McMurray
16.05.2023
Viele Musikfans dürften das Gefühl kennen. Da nimmt man eine Band über etliche Jahre hinweg nur am Rande wahr, bis man man plötzlich durch einen glücklichen Zufall mit der Nase auf sie gestoßen wird und restlos begeistert ist. Genau so ist es dem Saxofonisten Dave McMurray mit Grateful Dead ergangen. Sein Aha-Erlebnis hatte er, obwohl er sich schon seit 40 Jahren in der Musikszene herumgetummelt hatte, erst 2018 bei einem gemeinsamen Auftritt mit den Wolf Bros, der jüngsten Band des legendären Grateful-Dead-Gitarristen und Sängers Bob Weir. “Die langen Stücke mit ihren ungeraden Metren und komplexen Akkorden haben mich sofort gefesselt”, erinnert sich McMurray zurück. “Mir fiel auf, dass die Songs großartige Melodien besaßen, aber auch so offen gestaltet waren wie die Sachen, die Miles Davis in seiner elektrischen Periode gespielt hatte. Die Musik war eingängig, psychedelisch, roh, vermittelte die Idee, dass keiner/alle Soli spielten – ähnlich wie bei Weather Report. Je mehr ich hörte, desto klarer wurde mir, dass ich diese Songs schließlich aus meiner Jazzerperspektive angehen müsste.”
Das Ergebnis präsentierte er vor zwei Jahren bei Blue Note auf dem von der Kritik gefeierten Album “Grateful Deadication”. Auf ihm hatte er Songs von Grateful Dead in die rauhen, aber herzlichen Sounds seiner Heimatstadt Detroit neu eingekleidet. Mit einem Mix aus Jazz, Pop, Rock, Soul, Reggae, R&B, Gospel und mehr. Thom Jurek gab dem Album bei Allmusic viereinhalb Sterne und schrieb, dass McMurrays Interpretationen “die manchmal verborgenen, aber stets reizvollen Melodien in den Liedern der Dead hervorheben; er versteht sie zuerst als Songs. ‘Grateful Deadication’ ist ebenso raffiniert wie melodiebetont und präsentiert diese komplexe und manchmal spekulative Musik auf einladende, zugängliche und tanzbare Art und Weise.” Und da das immense Repertoire der Band, die immerhin 30 Jahre lang aktiv war, mehr zu bieten hatte, als auf ein Album passt, gibt es mit “Grateful Deadication 2” nun Nachschlag von gleicher, wenn nicht gar höherer Qualität. Mit Klassikern wie “Truckin’”, “Scarlet Begonias” und “China Cat Sunflower”.
Diesmal heißen die Gäste nicht Bob Weir, Bettye Lavette und Herschel Boone, sondern Jamey Johnson, Oteil Burbridge, Bob James, Don Was und Greg Leisz. Eingefleischte Deadheads werden natürlich sofort erkennen, dass hier mit Bassist Don Was – einst McMurrays Boss bei Was (Not Was) und heute Chef von Blue Note Records – sowie Pedal-Steel-Gitarrist Greg Leisz gleich zwei Tour-Mitglieder der Wolf Bros vertreten sind. Sänger Oteil Burbridge wiederum ist seit 2015 Bassist von Bob Weirs anderer Band Dead & Company und spielte zuvor sieben Jahre lang in der Allman Brothers Band. Der Country-Sänger, Songwriter und Gitarrist Jamey Johnson unternahm 2019 mit Don Was und anderen Größen eine Tournee, auf der sie The Band und ihrem ikonischen Album “The Last Waltz” Tribut zollten. Der vielseitige Keyboarder Bob James schließlich hat in sechzig Karrierejahren auf buchstäblich Hunderten von Alben der unterschiedlichsten Stilrichtungen mitgewirkt. Zu ihnen gesellen sich noch die Musiker von McMurrays regulärer Detroiter Band, die schon auf dem ersten Album zu hören waren. Der Saxofonist selbst beschreibt das neue Werk als einen “einen dunklen, sparsamen, emotionalen Ausflug in die Gedankenwelt von Jerry Garcia, Bob Weir und den Grateful Dead…” Und das natürlich wieder ganz im Stile Detroits: rauh, aber herzlich.