British Jazz Explosion | News | Kult-Alben eines Jazz-Phantoms – Mike-Taylor-LPs angekündigt

Kult-Alben eines Jazz-Phantoms – Mike-Taylor-LPs angekündigt

Der britische Pianist Mike Taylor verstarb zu früh, um international berühmt zu werden. Legendär sind allerdings zwei seiner Alben – weil sie auf dem Sammlermarkt für enorme Summen gehandelt werden.
Mike-Taylor-LPs British Jazz Explosion
Mike-Taylor-LPs British Jazz Explosion(c) Decca Records
28.05.2025
Ab dem 25. Juli werden sich erstmals auch Fans ohne prall gefülltes Bankkonto den Erwerb zweier Jazz-LPs leisten können, die zu den wertvollsten des Genres zählen: “Pendulum“ (1966) und ”Trio“ (1967) des britischen Jazzkomponisten, Pianisten und Bandleaders Mike Taylor. Diese beiden ursprünglich in Kleinstauflagen erschienenen Alben werden als liebevoll gemachte Vinyl-Editionen innerhalb der Reihe British Jazz Explosion erscheinen. Originale beider Titel werden mittlerweile für über 1.000 Pfund gehandelt, wenn man überhaupt das Glück hat, sie zu ergattern. Auch die beiden im Juli erscheinenden limitierten LPs könnten schon bald wieder Raritäten werden. Ab sofort können sie vorbestellt werden, u.a. im Jazzecho Store.
Beide Neuauflagen wurden in den Londoner Gearbox Studios von den Originalbändern remastert. Die 180g-LPs kommen in stabilen Reproduktionen der Originalcover heraus, denen großformatige vierseitige Beiblätter mit ausführlichen neuen Linernotes des britischen Jazzexperten Tony Higgins beiliegen. Sie ermöglichen detaillierte Einblicke in das ungewöhnliche Leben Taylors, dessen Biografie neben seiner großartigen Musik leider auch seine psychische Erkrankung, Drogenerlebnisse und seinen frühen Tod beinhaltet.
Michael Taylor wurde 1938 in London geboren, in unmittelbarer Nähe der Clubs und Cafés des West Ends, wo er ab 1961 seine ersten Auftritte hatte. Einer seiner damaligen Mitstreiter beschrieb ihn als “nicht gerade extrovertiert oder kontaktfreudig, sehr zurückhaltend, wenn er nicht am Keyboard saß…“. ”Pendulum“ erschien im Mai 1966 und wurde von den Kritikern positiv aufgenommen, obwohl Taylor jegliche Werbung verweigerte und die Musik lieber für sich selbst sprechen lassen wollte. Als "Trio“ dreizehn Monate später erschien, war Taylors Ehe bereits zerbrochen und sein Drogenkonsum hatte zugenommen. Sein geistiger und körperlicher Verfall beschleunigte sich zeitgleich mit der Veröffentlichung von Creams Hit-Album "Wheels of Fire“ im Jahr 1968. Taylor war gemeinsam mit dem Schlagzeuger und ehemaligen Bandkollegen Ginger Baker an drei der Songs beteiligt, doch selbst die Aussicht auf diesen kommerziellen Erfolg konnte Taylors Verfall nicht aufhalten. Im Januar 1969 wurde seine Leiche am Ufer der Themse in Essex gefunden; sie blieb eine Woche lang unidentifiziert.
Ähnlich wie beim Folk-Songwriter Nick Drake blieb Taylors Tod in der damaligen Musikpresse weitgehend unbeachtet. Seine beiden auf dem Lansdowne-Label erschienenen Alben gerieten zwar in Vergessenheit, stiegen allerdings auf dem Sammlermarkt über die Jahre atemberaubend im Wert. Aber auch die künstlerische Bedeutung beider LPs kann heute nicht hoch genug eingeschätzt werden. Sie sind eine Inspirationsquelle für die neue britische “Jazz-Explosion“, angeführt von Künstlern wie Ezra Collective, Nubya Garcia und Sons of Kemet. Mit den lang erwarteten Neuauflagen kann ab die Musik Mike Taylors ab Juli von viel mehr Menschen gehört und geschätzt werden als zu seinen eigenen Lebzeiten. Vielleicht so etwas wie eine bittersüße Revanche für den Jazzpianisten, von dem viele bislang noch nie gehört haben mögen.
Neben Mike Taylor bestand sein Quartett auf ”Pendulum“ aus John Hiseman am Schlagzeug, Tony Reeves am Bass und Dave Tomlin am Saxophon. Der Albumtitel "Trio“ ist (möglicherweise absichtlich) irreführend, denn das Line-up besteht nicht aus einem festen Trio, sondern aus Taylor und Hiseman sowie Jack Bruce und/oder Ron Rubin am Bass. Beide Alben wurden in den Lansdowne Studios unter der Leitung von Produzent Denis Preston aufgenommen. Der Titel “To Segivia“ vom Album ”Pendulum“ erschien 2021 bereits auf der vielbeachteten Compilation "Journeys In Modern Jazz: Britain“.