Blue Note Tone Poet Serie | News | Blue Note Tone Poet Serie - genialer Querdenker und agiler Tieftöner

Blue Note Tone Poet Serie – genialer Querdenker und agiler Tieftöner

Pianist Andrew Hill sprühte vor Kreativität, als er 1964 “Andrew!!!” für Blue Note einspielte. Ein weiteres Meisterwerk ist das 1956 entstandene Album “Blue Serge” von Serge Chaloff, das der Baritonsaxofonist ein Jahr vor seinem frühen Tod aufnahm.
Blue Note Tone Poet Serie: Serge Chaloff "Blue Serge" / Andrew Hill "Andrew!!!"
Blue Note Tone Poet Serie: Serge Chaloff "Blue Serge" / Andrew Hill "Andrew!!!"
12.06.2025
Die erste audiophile LP-Serie von Blue Note Records ist ein weltweiter Erfolg. Kuratiert wird sie von Joe Harley, genannt der „Tone Poet", vom renommierten amerikanischen Vinyl-Label Music Matters. Die Fertigung erfolgt mit rein analogen Produktionsschritten vom Erste-Generation-Masterband bis zur 180g-Pressung bei Record Technology Incorporated (RTI) in den USA. Den luxuriösen Rahmen schaffen stabile, laminierte Tip-On-Gatefold-Sleeves und wattierte Innenhüllen.

Andrew Hill – Andrew!!!

Als Andrew Hill (1931–2007) im Alter von 75 Jahren starb, bezeichnete der britische Jazzkritiker John Fordham ihn in seinem Nachruf im Guardian als einen “einzigartig begabten Komponisten, Pianisten und Pädagogen”. Obwohl Hill laut der New York Times “einer der großen Jazzhelden der 1960er Jahre” war und noch heute von zeitgenössischen Pianisten wie Vijay Iyer und Jason Moran als wichtiger Einfluss genannt wird, blieb er so etwas wie ein “ewiger Geheimtipp”. Dies wird oft darauf zurückgeführt, dass er beharrlich seinen eigenen musikalischen Weg ging, einzigartig originelle und oft komplexe Kompositionen schuf, sich nicht um Moden scherte und nur äußerst selten als Sideman in Erscheinung trat. Der Jazzkritiker Howard Mandel beschrieb Hills Œuvre einmal als “abwechselnd dunkel, fragil, witzig, schrill, unvergesslich melodiös, perkussiv, einfühlsam, schräg, transparent und geheimnisvoll”.
Hill war 1961 aus seiner Heimatstadt Chicago, wo er eine Zeit lang bei Paul Hindemith Komposition studiert hatte, nach New York gezogen. Durch Aufnahmen mit Roland Kirk, Hank Mobley und Joe Henderson machte er den Blue-Note-Produzenten Alfred Lion auf sich aufmerksam. Dieser sah in ihm den nächsten Thelonious Monk und versprach ihm freie Hand bei Aufnahmen für das Label. Hill dankte es ihm mit einer wahren Eruption an Kreativität. In nur acht Monaten, zwischen November 1963 und Juni 1964, nahm er für Blue Note fünf visionäre Alben mit Musikern wie Eric Dolphy, Kenny Dorham, Freddie Hubbard, Joe Henderson, Roy Haynes, Elvin Jones und Tony Williams auf. Das letzte dieser Alben (denen aber noch weitere folgen sollten) war “Andrew!!!”, über das Stephen Thomas Erlewine bei AllMusic schrieb: “Die Musik hat oft eine schwebende, hypnotische Qualität, die Hills Dissonanzen, ungewöhnliche Voicings und komplexe Arrangements noch fesselnder macht als sonst.” Auch für dieses Album hatte Andrew Hill mit dem Tenorsaxofonisten John Gilmore (sonst in Diensten von Sun Ra), dem Vibrafonisten Bobby Hutcherson, dem Bassisten Richard Davis und dem Schlagzeuger Joe Chambers wieder eine erstklassige, progressiv ausgerichtete Band zusammengestellt.

Serge Chaloff – Blue Serge

Als einer der ersten Baritonsaxofonisten des Bebop verblüffte Serge Chaloff (1923–1957) die Jazzwelt mit seiner bemerkenswerten Fingerfertigkeit und seinem zutiefst emotionalen Spiel. Bekanntheit erlangte er in den späten 1940er Jahren als Mitglied des “Four Brothers”-Saxofonsatzes von Woody Hermans Second Herd, in dem er zusammen mit Zoot Sims, Herbie Steward und Stan Getz spielte. Da er jedoch nur sechs Alben unter eigenem Namen aufnahm und bereits im Alter von 33 Jahren starb, geriet er weitgehend in Vergessenheit.
“Blue Serge” aus dem Jahr 1956 gilt dem Penguin Guide To Jazz zufolge als sein bestes Album: “Chaloffs Meisterwerk ist kraftvoll und bewegend zugleich, nicht weil man weiß, dass er dem Tod so nahe war, sondern wegen der unsentimentalen Stringenz seines Spiels.” Es entstand während eines Aufenthalts in Los Angeles, wo Chaloff ein Engagement mit dem Altsaxofonisten Sonny Stitt und dessen Band hatte. Das Quartett, mit dem er auf “Blue Serge” zu hören ist, stellte er ad hoc aus den besten Musikern zusammen, die er vor Ort finden konnte: dem Pianisten Sonny Clark, Sonny Stitts Bassisten Leroy Vinnegar und dem Schlagzeuger Philly Joe Jones, der gerade mit dem Miles Davis Quintet in der Stadt war.
“Meine letzte Platte, ‘Boston Blow-up!’, war eines dieser sorgfältig geplanten Dinge”, bemerkte Chaloff in den Liner Notes von “Blue Serge”. “Aber dieses Mal fühlte ich mich ein wenig entspannter und beschloss, eine Platte aufzunehmen, die einfach nur Spaß macht.” Ohne Proben und ohne die Stücke im Voraus festzulegen, ging dieses Quartett, das nie zusammengespielt hatte, ins Studio. “Wir wollten einfach nach Gefühl aus dem Stegreif spielen und haben das auch geschafft. Die Musik hat mehr Freiheit und Schwung als alles, was ich bisher aufgenommen habe. Und ich glaube nicht, dass es eine bessere Empfehlung als diese gibt, wenn es um ehrlichen Jazz geht.”