Arturo O'Farrill | News | Alte Liebe rostet nicht - pianistisches Feuerwerk zwischen Jazz und Latin

Alte Liebe rostet nicht – pianistisches Feuerwerk zwischen Jazz und Latin

Mit dem Album “Legacies” kehrt Arturo O’Farrill, Kopf des immens erfolgreichen Afro-Latin Jazz Orchestra, nach beinahe zwanzig Jahren zu seinen Anfängen als Pianist und zum Klavier-Trio zurück.
Arturo O'Farrill
Arturo O'Farrill© John Abbott
27.04.2023
Arturo O’Farrill ist heute in erster Linie als Komponist, Arrangeur und natürlich Bandleader bekannt. Das liegt daran, dass er in den vergangenen rund zwanzig Jahren meist mit dem von ihm geleiteten Afro-Latin Jazz Orchestra in Erscheinung getreten ist. Sein Können als Pianist lässt er in dem orchestralen Rahmen nur gelegentlich aufblitzten. Auch seinen Einstand bei Blue Note Records gab der sechsfache Grammy-Gewinner (und zwölffach Grammy-Nominierte) vor zwei Jahren auf dem Suiten-Album “…dreaming in lions…” mit dieser bestens eingespielten Band. Doch für sein zweites Blue-Note-Opus “Legacies” ist Arturo nun zu der Besetzung zurückgekehrt, mit der er einst seine Solokarriere startete: dem klassischen Jazz-Trio mit Klavier, Bass und Schlagzeug.
Arturo O’Farrill kam 1960 als Sproß des kubanischen Trompeters, Komponisten, Arrangeurs und Bandleaders Arturo “Chico” O’Farrill in Mexico City zur Welt, wuchs aber ab seinem fünften Lebensjahr in New York auf. Wenig später erhielt er dort seine ersten Klavierstunden, die zunächst überhaupt keine Begeisterung bei ihm auslösten. Aber nach und nach freundete er sich dann doch so sehr mit dem Instrument an, dass er beschloss, wie sein Vater die Profilaufbahn einzuschlagen. Das Rüstzeug dazu holte er sich u.a. an der renommierten Manhattan School of Music. 1979 entdeckte eine gewisse Carla Bley das 19-jährige Nachwuchstalent in einem kleinen Club in Upstate New York und war auf Anhieb so begeistert, dass sie ihn in ihre Band holte, mit der u.a. die Alben “Live!” (1982) und “I Hate To Sing” (1984) für ECM einspielte. Danach folgten Engagements bei Dizzy Gillespie, Howard Johnson, Steve Turre und Lester Bowie. Ab 1987 übernahm O’Farrill für längere Zeit die musikalische Leitung der Band von Harry Belafonte.
Erst 1999 trat er aus dem Schatten dieser großen Künstler und nahm mit “Blood Lines” sein erstes Album unter eigenem Namen auf.  Zu hören war er auf diesem und den drei folgenden Alben (“A Night In Tunisia”, “Cumana” und “Live In Brooklyn”) größtenteils im Trio mit den großartigen Bassisten George Mraz und Andy González sowie den formidablen Schlagzeugern Horacio “El Negro” Hernández, Steve Berrios und Dafnis Prieto. Deren große Schuhe müssen auf “Legacies” nun Arturos Sohn Zack O’Farrill am Schlagzeug und die sehr jungen Bassistin Liany Mateo füllen. Und die beiden machen dies hier auch prächtig!
Für das Repertoire griff Arturo O’Farrill - wie der Titel des Albums schon andeutet – auf sein doppeltes musikalisches Erbe zurück: den Jazz und die lateinamerikanische Musik. Seine jazige Seite zeigt er hier vor allem (aber nicht nur) in den Bearbeitungen von Thelonious Monks “Well, You Needn’t”, Sonny Rollins’ “Doxy”,  Herbie Hancocks “Dolphin Dance” und dem Standard “Darn That Dream”. Seine Latino-Wurzeln kommen wiederum in “Pure Emotion”, einer Komposition seines Vaters, “Obsession” von der puertorikanischen Bolero-Legende Pedro Flores und Bud PowellsUn Poco Loco” zum Vorschein. Abgerundet wird das Programm mit der Eigenkomposition “Blue State Blues” und “Útviklingssang”, einem Song, den Carla Bley geschrieben hatte, kurz bevor Arturo zu ihrer Band stieß. Vier der neun Stücke trägt der Pianist (der 2011 mit “The Noguchi Sessions” sein einziges Klaviersoloalbum vorlegte) übrigens im Alleingang vor.
“Wie wurde ein klassisch geschulter Musiker mit irisch-mexikanisch-kubanisch-deutschem Erbe und einem Hang zur Avantgarde zum Aushängeschild des Afro-Latin-Jazz? Offensichtlich, indem er sich in das Jazzklavier verliebte”, meint Arturo O’Farrill amüsiert. “Ich war immer zuerst ein Jazzpianist und alles andere danach. Als Don Was mich bat, diese Seite von mir auf einem Album zu zeigen, war ich sehr dankbar für die Chance, zu meinen Wurzeln als Musiker zurückzukehren.”