Während Tenorsaxofonist Archie Shepp auf seinem Impulse!-Debüt seinem Mentor John Coltrane Tribut zollt, zeigt sich Schlagzeuger Max Roach von seiner kämpferisch-politischen Seite.
Verve Vault Serie - Archie Shepp / Max Roach(c) Verve Records
13.11.2025
Vier LPs aus der neuen Verve Vault Serie sind bislang erschienen. Das MINT Magazin hat sich eine der beiden Premieren aus der Serie, Antonio Carlos Jobims Klassiker „The Composer Of Desafinado, Plays“ genau angehört und meint: “Die Klangqualität ist nicht weniger als außergewöhnlich. Jedes Instrument sitzt an seinem Platz, das leiseste Klackern der Percussion wird plastisch wiedergegeben. Dem steht die Qualität der Fotos auf dem Cover und im Innersleeve sowie der Druck in nichts nach”. Volle Punktzahl also für Verve Records, die jetzt Folge 5 und 6 nachlegen.
Obwohl die LPs der Verve Vault Serie moderat gepreist sind, wird in allen Aspekten auf Qualität geachtet: Alle Titel werden von Ryan K. Smith bei Sterling Sound von den analogen Originalbändern geschnitten und gemastert und bei Optimal auf 180-Gramm-Vinyl gepresst. Die ikonischen Artworks werden unverändert und liebevoll faksimiliert, sofern es sich im Original um Gatefold-Hüllen handelte, werden diese beibehalten. Das Repertoire der Serie setzt sich aus berühmten Klassikern sowie zeitlosen Perlen von Verve und den Schwesterlabels Impulse!, Mercury, Polydor u.a. zusammen.
Archie Shepp – Four For Trane
Der Tenorsaxofonist Archie Shepp zeigte sich 1965 auf “Four For Trane”, seinem Debütalbum für Impulse! Records, noch nicht von seiner politischen Seite. Stattdessen zollte er erst einmal seinem Mentor John Coltrane Tribut, der ihm die Türen bei Impulse! Records geöffnet hatte. Shepp interpretierte vier spannend neu arrangierte Coltrane-Originale (“Naima”, “Mr. Syms”, “Syeeda’s Song Flute” und “Cousin Mary”), bevor er das Album mit seiner eigenen Komposition “Rufus” beschloss. Für die Aufnahme hatte Shepp den Flügelhornisten Alan Shorter (Wayne Shorters älteren Bruder), den Altsaxofonisten John Tchicai, den Posaunisten und Arrangeur Roswell Rudd, den Bassisten Reggie Workman und den Schlagzeuger Charles Moffett um sich versammelt, die allesamt Avantgarde-erfahren waren. Laut dem Coltrane-Biografen Ashley Kahn kam das Album, das John Coltrane zusammen mit Bob Thiele produzierte, “durch unmittelbare Intervention Coltranes zustande, der große Stücke auf den jungen Tenorsaxofonisten aus Philadelphia hielt”. Noch heute gilt “Four For Trane” als eines der einflussreichsten Alben von Archie Shepp.
Max Roach – Percussion Bitter Sweet
“Percussion Bitter Sweet”, 1961 auf Impulse! Records veröffentlicht, ist eine der politisch brisantesten und musikalisch am meisten breitgefächerten Aufnahmen des Schlagzeugers Max Roach. Das Album entstand ein Jahr nach dem Klassiker “We Insist! Freedom Now Suite” und spiegelt Roachs zunehmende Auseinandersetzung mit Themen der sozialen Gerechtigkeit und der panafrikanischen Identität wider. Roach, der das Album selbst produzierte, grifff dabei zum Teil auf Solisten der “Freedom Now Suite”zurück (den Trompeter Booker Little und den Posaunisten Julian Priester). Mit Eric Dolphy (Altsaxofon, Flöte, Bassklarinette), Clifford Jordan (Tenorsaxofon), Mal Waldron (Klavier) und Art Davis (Kontrabass) stellte er ihnen jedoch neue Partner zur Seite. Die Sängerin Abbey Lincoln verlieh den pointierten Aussagen des Projekts in “Garvey’s Ghost” und “Mendacity” zusätzliche Dringlichkeit und emotionale Kraft. Bei drei Stücken wurde das Ensemble zudem noch durch die beiden afrokubanischen Perkussionisten Carlos “Patato” Valdés und Eugenio “Totico” Arango verstärkt. Der hochtalentierte Trompeter Booker Little starb tragischerweise nur zwei Monate nach dieser Aufnahme im Alter von nur 23 Jahren.