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Liebesgeschichte für Solo-Piano

Thomas Enhco - 2015
Thomas Enhco - 2015
06.03.2015
Ein Piano-Soloalbum ohne Klaviermusik? Dieses Paradox will der französische Pianist Thomas Enhco mit seinem Album “Feathers” vollbracht haben. “Ich versuche schon seit langem, das Klavier mit all seinen Tasten und Hämmern nicht mehr als ein mechanisches Instrument zu betrachten, sondern als eine Art magische Materie, die jede Gestalt und Form annehmen kann, luftig, flüssig, weich oder fest, und die jede Textur, jede Stimme und jeden Klang eines Orchesters erzeugen kann.” Diese Worte zeugen von Selbstbewusstsein und Experimentierfreude. Beides beweist der 26-jährige auf “Feathers” in reichem Maße.

Thomas Enhcos Talent für Musik liegt im Blut

Enhco ist trotz seiner jungen Jahre längst kein unbeschriebenes Blatt der Musikszene mehr: er nahm Alben mit berühmten Jazz-Größen auf, komponierte Filmmusiken und gewann einige von Frankreichs begehrtesten Musikpreisen. 1988 in Paris geboren, entstammt er der berühmten Casadeus-Dynastie, die über Generationen hinweg klassische Komponisten, Instrumentalisten und Dirigenten hervorgebracht hat. Doch wie sein zwei Jahre älterer Bruder David, der Trompeter ist, entschied sich Thomas trotz klassischer Ausbildung früh, eine Karriere als Jazzpianist und Violinist einzuschlagen.
Sein erstes Album, “Esquisse”, nahm Enhco 2006 mit dem Ex-Weather-Report-Schlagzeuger Peter Erskine auf. 2009 folgte das Standards-Album “Someday My Prince Will Come”, auf dem sein Bruder David mitwirkte und für das er in Frankreich einen Django d’Or erhielt. Zwei Jahre später dann ein Doppelschlag: mit dem Traum-Rhythmusgespann Jack DeJohnette und John Patitucci nahm er in New York “Jack & John” auf, mit seinen regulären Trio-Partnern, dem kanadischen Bassisten Chris Jennings und dem belgischen Schlagzeuger Nicolas Charlier, außerdem “Fireflies”.

Sämtliche Kompositionen auf “Feather” entsammen aus Thomas Enchos Feder

Sein Verve-Debüt ist nun ein ebenso überraschendes wie eingängiges Solo-Werk. Alle Kompositionen stammen aus seiner Feder und werden mit melodischen Improvisationen verbunden. “Mit diesem Album will ich die verschiedenen Stadien einer Liebesgeschichte erzählen, in der sich Realität und Träumerei, Leidenschaft und Zweifel, Schmerz und Höhenflüge verbinden”. Auf “Feathers” ist Thomas erstmals als unbegleiteter Solist zu hören. “Für einige Stücke wollte ich ursprünglich noch Texte und Orchestrierungen anfertigen. Aber dann schien mir, dass das Klavier die Botschaft der Songs auch alleine vermitteln und all die Charaktere zum Leben erwecken kann, die in diesen Geschichten eine Rolle spielen.”
In acht locker gewebten Kompositionen setzt Enhco eine breite Palette an Emotionen erstaunlich souverän und oft virtuos in Musik um. Mal klingt er dabei melancholisch-elegisch (wie in “Letting You Go”), dann wieder ausgelassen-verspielt (“Mischievous”) oder gar bedrohlich-dramatisch (“Sand Creek Song”). Und obwohl er mit beiden Beinen fest auf dem Boden des Jazz und der Improvisation steht, schimmert in seinen Vorträgen auch immer wieder seine klassische Klavierausbildung durch.
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