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Panafrikanische Tanzmusik zwischen Tradition und Moderne

Auf seinem faszinierenden Debütalbum “Archeology” arbeitete das algerisch-südafrikanische Produzenten-Duo Montparnasse Musique mit Stars der Congotronics-Szene zusammen.
Montparnasse Musique: Archeology (Real World Records)
Montparnasse Musique: Archeology (Real World Records)
18.10.2022
Über Jahrzehnte hinweg werkelte die Congotronics-Musikszene eifrig im Underground von Kinshasa, der Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo, vor sich hin. Dann wurde sie vor rund zwanzig Jahren plötzlich ins internationale Rampenlicht katapultiert und eroberte mit ihrer hypnotisierenden Musik, in der auf eigenwillige Art und Weise Tradition und Moderne miteinander verknüpft werden, im Handumdrehen tanzverrückte Fans in ganz Europa und den USA. Jetzt führt das Duo Montparnasse Musique das Genre auf seinem verblüffenden Debütalbum “Archeology” mit etlichen Stars der heutigen Comgotronics-Szene zu neuen Höhen. Im Mittelpunkt stehen dabei stets die für Congotronics so  typischen Klänge von traditionellen Trommeln, Flöten und Gesängen, aber auch heftig verzerrten E-Gitarren und elektrisch verstärkten metallischen Likembé-Daumenpianos.
Hinter Montparnasse Musique stecken der im nordfranzösischen Tourcoing ansässige algerischstämmige Produzent und DJ Nadjib Ben Bella, der eine spezielle Vorliebe für authentische, organische Beats hat, und der südafrikanische House-DJ Aero Manyelo, der als Klangfrickler in der digitalen Welt zu Hause ist. Den Namen Montparnasse Musique legten die beiden sich zu, weil sie ihre erste zufällige Begegnung, aus der sich diese Zusammenarbeit entwickelte, in der Pariser Métro-Station Montparnasse-Bienvenüe hatten.
“Afrika ist ein so großer Kontinent, dass die Menschen in einem Land fast nie Musik aus einem anderen Land zu hören bekommen”, sagt Nadjib. “Das frankophone Afrika hat selten etwas mit dem englischsprachigen Afrika zu tun. Als Manyelo und ich das Projekt begannen, schwebte uns ein ethnologisches musikalisches Abenteuer vor, das uns von Nordafrika bis nach Südafrika führen sollte und bei dem wir uns in der Mitte treffen würden: im Kongo, einem Land, in dem zeitgenössische Kunst und Musik gleich bedeutend und eng miteinander verbunden sind.”
“Ich bin mit früheren Projekten durch ganz Afrika gereist, nach Kenia, Uganda, Burkina Faso”, meldet sich Manyelo zu Wort. “Aber als ich vor mehr als einem Jahrzehnt diese rohen Klänge und die Kunst aus dem Kongo entdeckte, eröffneten sich meinem Gehirn, meinen Augen und meiner Software neue Perspektiven. Ich hörte diese Musik jeden Tag in meinem Auto.”
Auf “Archeology” treffen die lebendigen Rhythmen und Klänge sowohl des traditionellen als auch des urbanen Kongos nun auf Elemente nordafrikanischer Gnawa-Musik und die programmierten Beats des modernen Johannesburg. Dabei entsteht ein unverwechselbarer Sound: wild, aber zugleich nuanciert, und vor allem panafrikanisch.
Unterstützung erhielten Montparnasse Musique bei dem Projekt von Michel Winter, einem erfahrenen Global Music-Manager, der sie mit den Musikern, Sängerinnen und Sängern von bahnbrechenden Congotronics-Bands wie den Kasai Allstars, Konono No.1 und Mbongwana Star im Studio zusammenbrachte; darunter der Sänger und Multiinstrumentalist Cubain Kabeya, Gitarrist Mopero Mupemba und Vokalisten wie Muambuyi und Mengu Waku.