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Eindringlich schöne Musik: eine Band mit Hang zu exotischen Klängen

Mit dem Album “Portico Quartet” gelang der gleichnamigen Londoner Band 2012 der internationale Durchbruch. Zum 10-jährigen Jubiläum des Albums wird es nun wiederveröffentlicht und erscheint auch erstmals auf Doppel-Vinyl.
Portico Quartet: Excl. Ltd. Coloured 2LP / 2LP / CD (Real World Records)
Portico Quartet: Excl. Ltd. Coloured 2LP / 2LP / CD (Real World Records)
10.06.2022
Das Album als 2LP und als exklusive Sonderedition in farbigem Vinyl finden Sie in unserem JazzEcho-Store
Das 2004 in London gegründete Portico Quartet hob sich vom Start weg von allen anderen Bands der jungen britischen Jazzszene ab. Maßgeblich dadurch, dass die vier Musiker bei ihren Klangausflügen in den zeitgenössischen Jazz, die ethnische Musik und Minimal Music sehr prominent ein bis dahin wenig bekanntes, melodisch-perkussives Instrument verwendeten: das aus der Schweiz stammende Hang, dessen Klang ein wenig an karibische Steel Drums erinnert. Gleich mit seinem ersten Album “Knee-Deep In The North Sea” für das Label Babel Records (bei dem auch Acoustic Ladyland und Polar Bear ihre ersten Alben lanciert hatten) gelang Portico Quartet 2007 ein sensationeller Erfolg. Das Debüt wurde vom Time Out Magazine zum Album des Jahres in der Sparte “Jazz, Folk and World” gekürt und 2008 für den prestigeträchtigen Mercury Prize nominiert. Wenig später erhielt Portico Quartet einen Plattenvertrag bei Real World Records, wo 2009 zunächst das Zweitwerk “Isla” erschien und 2012 dann das gefeierte dritte Album “Portico Quartet”, das für die Band einen bedeutenden Wendepunkt markierte. Anlässlich seines 10-jährigen Jubiläums wird dieses Album nun als CD wiederveröffentlicht und erscheint zudem auch erstmals auf Doppel-Vinyl.
Die Band war 2004 in London gegründet worden und setzte sich in der Originalbesetzung aus zwei Freundespaaren zusammen: Saxofonist Jack Wyllie und Kontrabassist Milo Fitzpatrick aus Southampton sowie Schlagzeuger Duncan Bellamy und Hang-Spieler Nick Mulvey aus Cambridge. Alle vier waren frisch in London angekommen und studierten als Erstsemester an unterschiedlichen Universitäten Fächer wie Musikethnologie oder Nichtwestliche Popmusik, aber kurioserweise nicht Musik selbst. Beim Besuch eines Womad-Festivals hatten Bellamy und Mulvey erstmals das exotisch klingende Hang gehört und sich in seinen Sound verliebt. Schon wenig später kratzen sie das Geld zusammen, um sich dieses Instrument zuzulegen. Die ersten beiden Jahre verbrachte die vier als Straßenmusiker. Und den Namen Portico Quartet legten sie sich zu, weil sie bei einem Auftritt einmal von einem heftigen Regenschauer überrascht wurden und sich unter einen Portikus (einen überdachten Säulenvorbau) flüchten mussten.
Mit “Portico Quartet” schlug die Band 2012 ein neues Kapitel in ihrer jungen Geschichte auf. Zum einen, weil Gründungsmitglied Nick Mulvey das Ensemble kurz zuvor verlassen hatte, um eine Solokarriere als Singer/Songwriter zu beginnen, und durch Keir Vine ersetzt worden war. Zum anderen weil die Musiker bei der Einspielung des dritten Albums erstmals elektronische Instrumente verwendeten und dem Sound so neue Dimensionen gaben. Und schließlich arbeiteten Portico Quartet hier auch zum ersten Mal mit einer Gastkünstlerin zusammen: der in London lebenden, aber aus Schweden stammenden Sängerin Cornelia, die in dem Track “Steepless” zu hören ist.
Das Album wurde damals in der Presse mit Begeisterung angenommen und zog auch in die britischen Pop-Charts ein. Die Times feierte es als “das bisher mitreißendste Album des Quartetts” und schrieb: “Wer ein offenes Ohr hat, wird an den dunklen, neuen Klängen des Portico Quartet seine helle Freude haben.” In Q Magazine war zu lesen: “Portico Quartet hat sich zu einer Jazzband gemausert, die selbst Jazzneulinge zu schätzen wissen. Die ehemaligen Straßenmusiker verbinden Live-Improvisationen, Elektronik und instrumentalen Post-Rock miteinander und setzen ihre Entwicklung mit einem stärker elektronisch geprägten dritten Album fort.” Und Record Collector meinte wiederum: “Die Klangpalette der Band hat sich erweitert und umfasst nun auch Samples und elektronische Klänge, obwohl die sanften melodischen Töne des glockenähnlichen Hang ein Kernelement des Bandsounds bleiben. Eine eindringlich schöne Platte.”