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Grooven im Raum-Zeit-Kontinuum – Nik Bärtsch erschließt neue Klangdimensionen

Mit seiner ursprünglichen Formation Mobile und einem Streichquintett lotet Nik Bärtsch auf “Continuum” erstmals das kammermusikalische Potenzial seiner rituellen Groove-Musik aus.
Nik Bärtsch
Nik Bärtsch© Christian Senti
17.03.2016
Geschlagene fünfzehn Jahre sind verstrichen, seit der Schweizer Pianist und Komponist Nik Bärtsch mit dem akustischen Quartett Mobile “Ritual Groove Music” veröffentlichte. Es sollte bis dato das einzige Album des 1997 gegründeten Ensembles bleiben, obwohl es auch danach noch mit multimedialen Marathon-Live-Performances von sich reden machte.
Im selben Jahr, als er das Album mit Mobile aufnahm, formierte Bärtsch mit Ronin eine weitere Band, die das Konzept der rituellen Groove-Musik aufgriff, es aber durch den Einsatz von Fender Rhodes, Synthesizern und anderen elektronischen Hilfsmitteln um neue Klangkomponenten erweiterte. In den letztezten zehn Jahren nahm Bärtsch mit Ronin drei bahnbrechende Studioalben (“Stoa”, “Holon” und “Llyrìa”) sowie 2012 ein Live-Album auf. Nun ist er mit einer neuen Besetzung von Mobile ins Studio zurückgekehrt, um für ECM das Album “Continuum” einzuspielen. Der Altsaxophonist und Bassklarinettist Don Li wurde durch Ronin-Mitglied Sha ersetzt, Perkussionist Mats Eser durch den jungen Nicolas Stocker. Bei einigen Stücken wird die Gruppe darüber hinaus durch ein Streichquintett mit Etienne Abelin und Ola Sendecka (Violinen), David Schnee (Viola), Ambrosius Huber und Solme Hong (Celli) zum Kammerensemble erweitert.
Auf “Continuum” arbeitet Mobile mit bereits bekannten Modulen (wie Bärtsch seine Kompositionen nennt), die jedoch von der Gruppe neu kombiniert, erweitert und umarrangiert wurden. Einzige Ausnahme bildet das vollkommen neue “Modul 60”. “In den Stücken mit den Streichern haben wir die Möglichkeit, die Stücke mit allen Stimmen so zu zeigen, wie sie ursprünglich komponiert waren”, erläutert Bärtsch. “In den Quartetten sind ja oft nicht alle Melodiegeflechte realisierbar, die nun durch die neue Besetzung mit den Streichern ausgeführt werden können.”
“Die rhythmische Organisation der Module”, fährt der Pianist fort, “ist eher verwandt mit Strategien von Stravinsky und Ligeti, des Funk oder gewisser ritueller Musik als mit dem klassischen Minimalismus, der meist auf linearen rhythmischen Pointillismus setzt. Wir gestalten den Rhythmus als dramaturgisches Gefährt: Uns interessiert sein Spin und sein Potential als akustisches Vexierbild.” So konsequent die Musik auf “Continuum” auch Bärtschs Vorstellungen von einem System folgt, hat sie doch auch eine sinnliche Ausstrahlung, sucht nach umfassender Freiheit durch klare, aber zugleich flexible Systeme und lebt so von Struktur und Überraschung, Pathos und Ironie.