Makaya McCraven | News | Virtuelle Jamsession mit Jazzlegenden: ein genialer Brückenschlag zwischen den Generationen

Virtuelle Jamsession mit Jazzlegenden: ein genialer Brückenschlag zwischen den Generationen

Auf seinem Blue-Note-Debütalbum “Deciphering The Message” knöpfte sich Schlagzeuger Makaya McCraven klassische Blue-Note-Tracks vor und transportierte sie raffiniert in die Jetztzeit.
Makaya McCraven
Makaya McCraven(c) Michael McDermott
18.11.2021
Das Album als LP und als exklusive Sonderedition in transparentem Vinyl finden Sie in unserem JazzEcho-Store.
Dass er nicht nur ein mit allen Wassern gewaschener Jazzschlagzeuger ist, sondern auch ein ganz ausgefuchster Remixkünstler und Produzent, hat Makaya McCraven in den zurückliegenden zehn Jahren mehrfach beweisen können. Sein sehr zeitgenössisches Schlagzeugspiel ist an das von großen Vorbildern wie Max Roach, Art Blakey, Philly Joe Jones und seinem eigenen Vater Stephen McCraven angelehnt. Beim Arbeiten mit Loops orientiert er sich wiederum an innovativen Hip-Hop-Beatmakern wie J. Dilla und Madlib. Doch während die für ihre Musik oft obskure Klänge aus der Vergangenheit ausgruben, sampelt McCraven sich selbst, wenn er bei improvisierten Sessions auf der ganzen Welt mitmischt. Danach bearbeitet er die Audiodateien noch mehrmals, um kontrastreiche Stimmungen zu erzeugen. Dieser Prozess hat McCraven nicht nur ermöglicht, im Jazz ganz eigene Wege zu gehen, sondern ihn auch zu einem gefragten Partner bei Hip-Hop- und Ambient-Projekten gemacht. Und er kommt ihm nun auch auf seinem neuen Album “Deciphering The Message” zugute, für das er historische Jazztracks von Blue-Note-Legenden sampelte und remixte, um ihnen dann mit den jungen, hochtalentierten Musikern seiner Band noch einen aufregend modernen Dreh zu verleihen. In Erscheinung treten hier an der Seite Makaya McCravens u.a. Horace Silver, Lee Morgan, McCoy Tyner, Art Blakey, Freddie Hubbard, Clifford Brown, Dexter Gordon, Donald Byrd, Kenny Burrell und Elvin Jones.
Doch die Künstler, die Makaya sampelte, waren natürlich nicht schon immer Legenden. Er wählte ganz bewusst Aufnahmen aus, bei denen sie sich noch auf ihrem Weg nach oben befanden. “Ich wollte mich ein wenig auf den älteren Katalog und eine bestimmte Ära konzentrieren”, erläutert er. "Mich inspirierte von Anfang an die Vorstellung von diesen jungen Musikern, wie sie Bands durchliefen, fast wie bei einem Initiationsritus." Damals war es üblich, dass Musiker dieselben oder ähnliche Melodien in verschiedenen Gruppen für unterschiedliche Platten einspielten und den Standards des Genres ihren eigenen Stempel aufdrückten. McCraven wollte nun das Konzept des Samplings im Rahmen des traditionellen Jazz ausloten. “Für mich ist das alles Teil eines größeren Gedankengangs”, sagt er. “Ich habe Tracks ausgewählt, die mich ansprachen, aber dann kam alles auf eine gewisse Weise zusammen.”
Obwohl “Deciphering The Message” Stücke aus unterschiedlichen Jahren der Blue-Note-Geschichte versammelt, ist das Album von Makaya McCraven raffiniert so inszeniert worden, dass es wirkt, als besuche man ein All-Star-Konzert im ursprünglichen New Yorker Jazzclub Birdland am Broadway. Bei dem natürlich auch der auf zahlreichen Live-Platten zu erlebende ikonische Birdland-Zeremonienmeister (neudeutsch: MC) “Pee Wee” Marquette nicht fehlen darf. Das Ganze hat unglaublichen Charme und Witz, weil es einerseits die Traditionen und die gesampelten Jazzlegenden ehrt, andererseits aber auch innovativ und zeitgenössisch ist ."Als ich alles zusammensetzte, wollte ich ein Narrativ erschaffen, das dem Hörer das Gefühl gibt, in diesen Raum oder in diese Kulturbewegung hineinzufallen", verrät McCraven. “Ich habe wirklich versucht, eine runde Platte daraus zu machen, und nicht nur einfach Tracks aneinanderzureihen.”
So sehr McCraven es auch liebt, zu Hause allein an seinen Sounds und Samples herumzubasteln, bevorzugt er als kollaborativer Künstler doch immer noch das persönliche Zusammenspiel mit anderen Musikern. Das ist auch hier nicht anders: Für “Deciphering The Message” ging er deshalb mit Vibraphonist Joel Ross, Trompeter Marquis Hill, den Saxofonisten Greg Ward und De’Sean Jones, den Gitarristen Matt Gold und Jeff Parker sowie dem Bassisten Junius Paul ins Studio, um den Tracks einen frischen Spin zu geben. Auf diese Weise ist es ihm gelungen, auf “Deciphering The Message” die Vergangenheit des Jazz nahtlos mit der Gegenwart dieser Musik zu verknüpfen.