John Coltranes ikonisches Meisterwerk „A Love Supreme” erschien 1965 in einer Ära, in der die Stereo-Technologie noch relativ neu war. Nachdem Musik jahrzehntelang in Mono erschienen war, wurden Alben nun meist sowohl in Mono als auch in Stereo veröffentlicht. Der räumliche Zwei-Kanal-Klang war selbstverständlich ein großer Schritt vorwärts und eroberte schnell alle Musikbereiche, für einige Audio-Nostalgiker gilt allerdings nicht zwangsläufig immer der Stereo-Mix als der Bessere, sie bevorzugen die prägnanten Mono-Varianten mit ihrem „kondensierteren“ Klangbild.
Zum 60. Jubiläum erschien Coltranes „A Love Supreme” jetzt erstmals seit über 50 Jahren wieder im Mono-Mix, originalgetreu von Ryan K. Smith von den analogen Originalbändern gemastert, bei RTI auf 180-g-Vinyl gepresst und im luxuriösen Gatefold-Tip-on-Cover. Seit die Veröffentlichung vom Label angekündigt wurde, wird in Audio-Medien und -Foren diskutiert: Braucht es diese weitere Version des Albums überhaupt? Ist der Stereo- oder der Mono-Mix die Originalversion? Und letztendlich: welcher Mix ist besser?
Aufgenommen wurde „A Love Supreme” wie die allermeisten Jazzalben auf Impulse!, Verve oder Blue Note in jenen Jahren allein in Stereo. In seinem 2002 erschienenen Buch “A Love Supreme: The Story of John Coltrane’s Signature Album” beschreibt Ashley Kahn wie Rudy Van Gelder die Session live im Zweispurverfahren aufnahm:
„1964 nahm Van Gelder in Stereo auf; ein Tonbandgerät mit einer Geschwindigkeit von 15 Zoll pro Sekunde schnitt das Master mit. Um eine Trennung der einzelnen Instrumente zu gewährleisten, entschied er sich, Saxophon und Schlagzeug so weit wie möglich entfernt voneinander zu platzieren. Auf den Masterbändern hört man Coltrane extrem links, Elvin Jones extrem rechts, McCoy Tyners Klavier mittig zwischen beiden und Jimmy Garrisons Bass rechts von der Mitte“.
Diese resolute Instrumententrennung ist nicht jedermanns Sache. „Das Mono-Erlebnis ist besser, weil es am besten wiedergibt, was Coltrane und die Band im Studio gehört haben“, sagt beispielweise Josh Jackson von der Radiostation WRTI, der sowohl die Stereo- als auch die Mono-Version des Albums besitzt. „Die Stereo-Version war für mich immer problematisch, wegen der harten Trennung zwischen John links und Elvin rechts und weil McCoy und Jimmy mittendrin in der Soße untergingen. Der Wechsel von Stereo zu Mono reduziert diesen Effekt und macht das Album deutlich kraftvoller“. Dieser Meinung werden sicher nicht alle Coltrane-Fans zustimmen, speziell die, die mit der Stereo-Variante großgeworden sind, ihre Neugierde auf den Mono-Mix dürfte damit aber vielleicht geweckt werden.
Der für die Erstveröffentlichung angefertigte Mono-Mix von Rudy Van Gelder existiert nicht mehr auf Band, daher hat Impulse! Records den renommierten Mastering Engineer Ryan K. Smith beauftragt, anhand einer Erstausgabe der Mono-LP den Mix detailgetreu nachzuempfinden. Er beschreibt seine Reaktion auf beide Mixe wie folgt: „Der Mono-Mix hat eine überraschend unterschiedliche Energie verglichen mit dem Stereo-Mix. Vielleicht kommt er mit seiner räumlichen Enge und seinem Druck sogar Coltranes ursprünglicher Album-Vision näher. Auf jeden Fall haben wir hier eine zusätzliche akustische Interpretation des Werkes, und damit für Fans die Möglichkeit hochinteressante Vergleiche anzustellen“.