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Musikalischer Liebesbrief – Jimmy Heaths Abschiedsalbum

Einen Monat bevor Tenorsaxophonist Jimmy Heath am 19. Januar 2020 im Alter von 93 Jahren verstarb, gab er seinem letzten Album “Love Letters” noch den letzten Schliff.
Jimmy Heath "Love Letter"
Jimmy Heath "Love Letter"
16.07.2020
Dass Jimmy Heath nicht nur ein passionierter Bebopper und Hard-Bopper war, sondern auch ein Meister des gefühlvollen Balladenspiels, weiss eigentlich jeder, der die lange Aufnahmekarriere des Saxophonisten näher verfolgt hat. Doch in all den Jahren, die seit seinem 1959er Debütalbum für Riverside verstrichen sind, hatte der aus Philadelphia stammende Heath nie ein lupenreines Balladenalbum eingespielt. Mit “Love Letters”, seinem nun posthum erscheinenden späten Meisterwerk, hat er das letztes Jahr endlich nachgeholt. “Love Letter” wirkt wie ein musikalischer Liebesbrief von Jimmy Heath an seine Frau Mona, mit der er seit 1960 verheiratet war. Dass dieses Album zugleich auch eine Art Abschiedbrief an Mona und die restliche Familie, seine Kollegen und Fans werden würde, ahnte er wohl nicht, als er im Dezember 2019 letzte Hand an die Aufnahmen legte.
In einem Alter, in dem sich viele Bläser beim Spielen mit Intonationsproblemen herumplagen, lief Jimmy Heath auf “Love Letters” noch einmal zu ganz großer Form auf. Beflügelt wurde er freilich auch von einer großartigen Band, die mit alten Weggefährten gespickt war: Pianist Kenny Barron, Vibraphonist Monte Croft, Gitarrist Russell Malone, Bassist David Wong und Schlagzeuger Lewis Nash. Wunderbare Gastauftritte absolvieren außerdem noch die Gesangsstars Gregory Porter und Cécile McLorin Salvant sowie der Trompeter Wynton Marsalis.
“Die Stimmung im Studio war großartig, weil alle Jimmy so sehr liebten”, sagt Russell Malone, der extra über Nacht von Indien nach New York geflogen war und direkt ins Aufnahmestudio ging, um an dieser Session teilnehmen zu können. “Wir waren da, um für ihn zu spielen, die richtige Stimmung zu schaffen, und er sorgte dafür, dass jeder Ton am richtigen Platz war.”
Auf dem Programm standen von Jimmy Heath neu arrangierte Jazzstandards wie Dizzy Gillespies “Con Alma”, Kenny Dorhams “La Mesha”, Billie Holidays “Don’t Explain” und Mal Waldrons “Left Alone”, aber auch eine überraschende Version des Kult-Klassikers “Don’t Misunderstand” (vom Soundtrack des Blaxploitation-Films “Shaft’s Big Score!”) sowie elegante Überarbeitungen von drei Eigenkompositionen des Session-Leaders (“Ballad For Upper Neighbors Suite”, “Inside Your Heart” und “Fashion Or Passion”).
“Meine Ehrfurcht vor Jimmy wuchs mit jeder Minute, die wir zusammenarbeiteten”, sagt Brian Bacchus, der “Love Letters” gemeinsam mit Carol Friedman produzierte. “Mit seinen 92 Jahren saß er vorm Computer und schrieb Arrangements, die er mir dann zuschickte, so dass ich sie in MIDI und Garage Band eingeben und mir anhören konnte. Es war beeindruckend und demutgebietend, jemanden in diesem Alter auf diesem Niveau arbeiten zu sehen. Die meisten Leute kennen Jimmy als Bebopper, der sich leichtfüßig durch alle Changes bewegt, die man ihm nur zuwerfen kann. Aber hier entledigte er sich beim Spielen aller überflüssigen Noten, um zum Kern dessen vorzudringen, was gesagt werden musste.”