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Verve By Request – vier Duos und ein Trio, das gar keines war

Die Solokarrieren von Alice Coltrane und Charlie Haden steckten noch in den Kinderschuhen, als die Pianistin mit “A Monastic Trio” und der Bassist mit “The Golden Number” zwei bahnbrechende Alben aufnahmen.
JazzEcho-Plattenteller - Alice Coltrane: A Monastic Trio / Charlie Haden: The Golden Number (Verve By Request Vinyl)
JazzEcho-Plattenteller - Alice Coltrane: A Monastic Trio / Charlie Haden: The Golden Number (Verve By Request Vinyl)
05.06.2024
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Alice Coltrane: A Monastic Trio
Obwohl die Beziehung zwischen Alice und John Coltrane nur von relativ kurzer Dauer war, prägte sie die musikalische und spirituelle Entwicklung der jungen Pianistin und Harfenistin zutiefst. Das Paar hatte sich 1962 kennengelernt und drei Jahre später geheiratet. Zu einer offiziellen musikalischen Zusammenarbeit kam es allerdings erst im Januar 1966, als McCoy Tyner Johns Band verließ und Alice seinen Platz einnahm. Nach dem Tod des Saxofonisten im Juli 1967 war es für Alice an der Zeit, selbst ins Rampenlicht zu treten. Auf “A Monastic Trio”, ihrem Debütalbum für Impulse! Records, zollte sie 1968 natürlich gleich ihrem verstorbenen Ehemann Tribut. Unterstützung erhielt sie dabei von Musikern, mit denen sie zuvor bereits in der Band ihres Mannes zusammengespielt hatte: Pharoah Sanders (Tenorsax, Flöte und Bassklarinette),  Jimmy Garrison (Bass) sowie Rashied Ali und Ben Riley (Schlagzeug). Während das Album damals von Jazzkritikern eher lauwarm begrüßt wurde, genießt es heute den Ruf ein früher Meilenstein des Spiritual Jazz zu sein. In einem Artikel für den River Cities’ Reader schrieb Max Allison: “Coltrane bahnt sich hier von Anfang an ihren eigenen Weg mit ihrem atemberaubenden Klavierspiel, das sich mit rastloser Energie und virtuoser Post-Bebop-Fertigkeit die Tasten hinauf und hinunter windet, bevor es sich in wunderschönen Melodien und wehmütigeren Atmosphären niederlässt.”
 
Charlie Haden: The Golden Number
Die zwei war für Charlie Haden zeitlebens die "Goldene Nummer". Als der Bassist Mitte der 1970er Jahre seine Solokarriere startete (zuvor hatte er 1969 nur eine Aufnahme mit seinem Liberation Music Orchestra gemacht), spielte er hintereinander gleich fünf Alben ein, auf denen er sich mal mit nur einem, mal mit wechselnden Duo-Partnern präsentierte.
Zu besonders faszinierenden musikalischen Dialogen kam es 1977 auf “The Golden Number”. Unter der Regie des ehemaligen Impulse!-Produzenten Ed Michel tauschte sich Haden bei Sessions in Los Angeles und New York mit vier ausgesprochen inspirierten Partnern aus. Mit den Avantgardisten Don Cherry (Taschentrompete und Flöte), Archie Shepp (Tenorsax) und Ornette Coleman (der hier überraschend als Trompeter auftritt) erkundet der Bassist jeweils eine seiner eigenen Kompositionen, wobei sich sehr lyrische und kontemplative Passagen im Zusammenspiel oft mit leidenschaftlichen oder gar freien Ausbrüchen abwechseln. Das Highlight des Albums ist aber die wunderbar facettenreiche Interpretation von Ornette Colemans bluesigem Ohrwurm “Turnaround”, die Haden mit dem großartig aufspielenden Pianisten Hampton Hawes zum Besten gibt. Das traumhafte Duo konnte man ein Jahr später noch sehr viel ausführlicher auf dem Album “As Long As There’s Music” genießen.
In der Reissue-Serie “Verve By Request” werden besondere Raritäten und von Jazzfans gewünschte, längst vergriffene Klassiker auf Vinyl wiederveröffentlicht.
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