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Tone Poet Serie – ein Hardbop-Klassiker und eine Modal-Jazz-Rarität

Zwei sehr unterschiedliche Meisterwerke erscheinen diesmal in Blue Notes audiophiler “Tone Poet”-Vinyl-Reihe: “One Flight Up” von Dexter Gordon und “Passing Ships” von Andrew Hill.
JazzEcho-Plattenteller: Tone Poet Vinyl Series - Andrew Hill "Passing Ships" / Dexter Gordon "One Flight Up"
JazzEcho-Plattenteller: Tone Poet Vinyl Series - Andrew Hill "Passing Ships" / Dexter Gordon "One Flight Up"
06.05.2021
Diese LPs und weitere Folgen aus der Tone Poet-Serie finden Sie in unserem
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Die Vinyl-Wiederveröffentlichungen der “Tone Poet”-Reihe präsentieren Klangpoeten, die ihren eigenen Weg gegangen sind, um einige wirklich originelle Sounds zu erzeugen. Inspiriert wurde Blue-Note-Präsident Don Was zu dieser Kollektion durch die außergewöhnlichen audiophilen Vinyl-Wiederveröffentlichungen, die Joe Harley seit Jahren bei dem von ihm mitgegründeten Label Music Matters herausbringt. Der Saxofonist Charles Lloyd verlieh ihm für sein außerordentliches Gespür für die Klangästhetik des LP-Formats den Ehrentitel “Tone Poet”, den Harley heute mit Stolz trägt. Die LPs der Reihe werden mit viel Liebe für Details gefertigt – angefangen bei der Tonqualität und dem Mastering über die hochwertige Pressung auf 180-Gramm-Vinyl bis hin zur Gestaltung der schweren, laminierten Gatefold-Sleeves und der Druckqualität.
Dexter Gordon – One Flight Up
Die 50er Jahre waren für die Karriere Dexter Gordons eine weitgehend verlorene Zeit gewesen. Aufgrund seiner Drogensucht und diverser anderer Delikte verbrachte der Tenorsaxophonist etliche Jahre in Haft. Nach seiner Entlassung versuchte er Anfang der 1960er Jahre einen Neustart in New York, wo er einen Plattenvertrag bei Blue Note ergattert hatte. Aber schon 1962 entschloss er sich, nach Europa zu gehen. Anders als viele seiner schwarzen US-Kollegen, die diesen Schritt gewagt hatte, ließ sich Gordon aber zuerst nicht in der pulsierenden Metropole Paris nieder, sondern im eher beschaulichen Kopenhagen. Für Aufnahmen flog er dann von dort aber regelmäßig an die Seine, wo er im Juni 1964 auch das Album “One Flight Up” einspielte. Im Schlepptau hatte er dabei den gerade erst volljährig gewordenen dänischen Wunderbassisten Niels-Henning Ørsted Pederson, der mit traumhafter Fingerfertigkeit und unglaublichem Feeling bestach. Im Studio trafen die beiden auf drei Neu-Pariser: Trompeter Donald Byrd zeigte sich bei der lebhaften Session in der Form seines Lebens, Kenny Drew brillierte als besonders fantasievoller und subtiler Pianist und Art Taylor erwies sich als unbestechlich swingender Schlagzeuger. Dexter Gordon, der seinen Mitspielern reichlich Freiraum ließ, prägte die fantastische Aufnahme mit seinem majestätischen Tenor-Sound ohne sie je zu dominieren.
Andrew Hill – Passing Ships
Andrew Hill machte sich in den 1960er Jahren unter Kollegen und Kritikern zwar einen Namen als einer der markantesten Pianisten und originellsten Komponisten des Jazz, erreichte mit seiner Musik aber leider nie das breitere Publikum. Das mag zum einen daran gelegen haben, dass er nur höchst selten als Sideman anderer Musiker in Szene trat (Ausnahmen machte er u.a. für Roland Kirk, Joe Henderson, Bobby Hutcherson und später Greg Osby), zum anderen daran, dass er um bekannte Jazzstandards meist einen Riesenbogen machte. Auf den dreizehn Alben, die Hill zwischen 1963 und 1970 für Blue Note einspielte, präsentierte er zum Beispiel ausschließlich Stücke, die er selbst geschrieben hatte.
Ein besonderes Juwel in Hills Blue-Note-Diskographie stellt das Album “Passing Ships” dar, das er im November 1969 mit einem außergewöhnlich besetzten größeren Ensemble eingespielt hatte. Der Blue-Note-Archivar Michael Cuscuna entdeckte die nie veröffentlichte Aufnahme erst 2003 und brachte sie auf CD heraus. Zu hören ist Hill hier im Zusammenspiel mit dem langjährigen Miles-Davis-Bassisten Ron Carter und dem jungen Lenny White am Schlagzeug sowie einer sechsköpfigen Bläsersektion mit den alternierenden Trompetern Dizzy Reece und Woody Shaw, Posaunist Julian Priester, Holzbläser Joe Farrell, Tubist/Bassklarinettist Howard Johnson und Hornist Robert Northern. In der “Tone Poet”-Edition erscheint dieses lange Zeit übersehene Meisterwerk nun erstmals auf Vinyl.
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