“Tone Poet”-Serie – ein aufstrebender und ein etablierter Star
Während der 20-jährige Booker Little 1958 für sein verblüffendes Debütalbum “Booker Little 4 & Max Roach” als neuer Trompetenstar gefeiert wurde, dokumentierte “Kofi” Donald Byrds Wandlung vom erstklassigen Hard-Bop-Trompeter zum Fusion-Pionier.
JazzEcho-Plattenteller: Booker Little 4 & Max Roach / Donald Byrd "Kofi" (Tone Poet Vinyl)
So schnell wie der Stern von Booker Little (1938–1961) aufgegangen war, so schnell erlosch er tragischerweise auch. Die Aufnahmekarriere des Trompeters, der nach dem Unfalltod von Clifford Brown schon als der nächste Star auf seinem Instrument gefeiert wurde, umspannte nicht einmal vier Jahre. In diesem kurzen Zeitraum gelang es Little aber, fünf Alben unter eigenem Namen sowie fünfzehn als Sideman von u.a. Max Roach, John Coltrane, Eric Dolphy und Abbey Lincoln einzuspielen.
Noch im selben Jahr (1958), als er mit seinem Mentor Max Roach seine allersten Aufnahmen machte, spielte Booker Little sein erstaunliches Solodebütalbum “Booker Little 4 & Max Roach” für United Artists ein, das später auch unter dem etwas spannenderen Titel “The Defiant Ones” kursierte. Der Originaltitel war natürlich eine Anspielung auf Max Roach + 4. Und im Grunde war die Besetzung auf Bookers Debütalbum auch mit der von dem drei Monate zuvor entstandenen Live-Album “Max Roach + 4 At Newport” identisch, das neben Roach und Little den jungen Tenorsaxofonisten George Coleman und den Bassisten Art Davis featurete. Lediglich den Tubaspieler Ray Draper hatte Booker Little gegen den Pianisten Tommy Flanagan ausgetauscht.
Seine Originalität bewies der Youngster, der leider mit nur 23 Jahren sterben sollte, dabei auch in drei Eigenkompositionen und den Arrangements von drei Standards. Produziert wurde das Album von dem visionären Tom Wilson, der auch für frühe Aufnahmen von Bob Dylan, Frank Zappa & The Mothers Of Invention, Sun Ra und The Velvet Underground verantwortlich zeichnete.
Donald Byrd: Kofi
Zu den von Tom Wilson entdeckten und geförderten Talenten gehörte außerdem der Trompeter Donald Byrd. Er hatte seine ersten Soloaufnahmen Mitte der 1950er Jahre für Wilsons kurzlebiges Label Transition Records gemacht, bevor ab 1958 mit seinen brillanten Alben für Blue Note zu einem der großen Stars des Hard-Bop aufstieg. Wie viele seiner Zeitgenossen begann Byrd sich gegen Ende der 1960er Jahre mit dem neuen Genre der Fusion-Musik auseinanderzusetzen. “Die Sessions aus den Jahren 1969 bis1971, die Donald Byrds Übergang [vom Hard-Bop zu Fusion und Funk] markierten, gehören zu den faszinierendsten Arbeiten des Trompeters”, heißt es bei AllMusic. “Byrd gelingt es, eine Balance zwischen der zugänglichen, funkigen Fusion im Stil von Miles Davis und echten Jazzimprovisationen herzustellen.”
Das Album “Kofi” entstand 1969 und 1970 bei Sessions mit zwei unterschiedlich besetzten, aber gleichermaßen hochkarätigen Ensembles. Zu hören ist Byrd u.a. mit den Tenorsaxofonisten Frank Foster und Lew Tabackin, Duke Pearson am E-Piano, dem Gitarristen Wally Richardson, den Bassisten Ron Carter und Bob Cranshaw sowie Airto Moreira, Mickey Roker und Dom Um Romão an Drums und Percussion. Der Trompeter tastet sich hier auf rundum überzeugende Weise auf das neue stilistische Terrain vor, ohne gleich ganz von seinen Hard-Bop-Wurzeln zu lassen. Vollkommen unergründlich ist, welhalb dieses spannende Album erst 1995 von Blue Note zum ersten Mal veröffentlicht wurde. Als Donald Byrd 2013 starb, brachte der deutsche House/Techno-DJ SCNTST unter dem Titel “Mind What” einen Remix des Titelstücks “Kofi” heraus, den er dem Trompeter widmete.
In der “Tone Poet”-Reihe präsentiert der Jazz- und Audiospezialist Joe Harley von Music Matters und AudioQuest auf audiophilem Vinyl Reissues ausgewählte Blue-Note-Werke von den größten und originellsten Klangpoeten des Jazz.