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“Tone Poet”-Serie: Debüt aus heiterem Himmel

Zwei Altsaxofonisten stehen diesmal im Fokus der audiophilen “Tone Poet”-Vinyl-Reihe von Blue Note: der legendäre Jackie McLean und der nahezu unbekannte Sonny Red.
JazzEcho-Plattenteller: Sonny Red "Out Of The Blue" / Jackie McLean "Tippin' The Scales" (Blue Note Tone Poet Vinyl)
JazzEcho-Plattenteller: Sonny Red "Out Of The Blue" / Jackie McLean "Tippin' The Scales" (Blue Note Tone Poet Vinyl)
31.03.2022
Diese LPs und weitere Folgen aus der Tone Poet-Serie finden Sie in unserem JazzEcho-Store.
Die Vinyl-Wiederveröffentlichungen der “Tone Poet”-Reihe präsentieren Klangpoeten, die ihren eigenen Weg gegangen sind, um einige wirklich originelle Sounds zu erzeugen. Inspiriert wurde Blue-Note-Präsident Don Was zu dieser Kollektion durch die außergewöhnlichen audiophilen Vinyl-Wiederveröffentlichungen, die Joe Harley seit Jahren bei dem von ihm mitgegründeten Label Music Matters herausbringt. Der Saxofonist Charles Lloyd verlieh ihm für sein außerordentliches Gespür für die Klangästhetik des LP-Formats den Ehrentitel “Tone Poet”, den Harley heute mit Stolz trägt. Die LPs der Reihe werden mit viel Liebe für Details gefertigt – angefangen bei der Tonqualität und dem Mastering über die hochwertige Pressung auf 180-Gramm-Vinyl bis hin zur Gestaltung der schweren, laminierten Gatefold-Sleeves und der Druckqualität.
Jackie McLean – Tippin' The Scales
Durch Aufnahmen mit u.a. Miles Davis Charles Mingus und Art Blakey & The Jazz Messengers hatte sich der Altsaxofonist Jackie McLean schon in jungen Jahren einen hervorragenden Namen gemacht. Stets suchte er nach neuen Wegen abseits des Mainstreams und ließ sich in den frühen 1960ern auf Blue-Note-Alben wie “Let Freedom Ring” und “One Step Beyond” sogar von den harmonischen und klanglichen Innovationen eines Ornette Coleman inspirieren. Zwischen den Sessions für diese beiden bahnbrechenden Aufnahmen spielte McLean mit “Tippin’ The Scales” ein fast schon konventionelles, bluesiges Hard-Bop-Album von hoher Qualität ein. Zur Seite standen ihm dabei drei exzellente Spielpartner: Pianist Sonny Clark, Bassist Butch Warren und Schlagzeuger Art Taylor. Während McLean selbst zwei Eigenkompositionen (die Titelnummer und “Rainy Blues”) zum Programm beisteuerte, stammten gleich drei Stücke (“Nursery Blues”, “Nicely” und “Two For One”) von  dem großartig aufgelegten Sonny Clark. Abgerundet wurde das entspannte Set durch eine einfühlsame Interpretation von Vernon Dukes “Cabin In The Sky”.
Sonny Red – Out Of The Blue
Nur anderthalb Jahre jünger als Jackie McLean war der Detroiter Altsaxofonist Sylvester Kyner Jr., der meist unter dem einprägsameren Pseudonym Sonny Red auftrat. Doch im Gegensatz zu McLean verbrachte Sonny Red den Großteil seiner Karriere in relativer Obskurität. Als er 1960 mit “Out Of The Blue” sein erstes Soloalbum bei Blue Note veröffentlichte, hätte er ihm kaum einen treffenderen Titel geben können. Denn tatsächlich schien er mit ihm dort wie aus heiterem Himmel aufgetaucht zu sein. Umso erstaunlicher war das Team, das er zum Jahreswechsel 1959/60 für zwei Sessions in Rudy Van Gelders Studio um sich scharen konnte: es setzte sich zusammen aus dem brillanten Pianisten Wynton Kelly, den Bassisten Sam Jones und Paul Chambers sowie den Schlagzeugern Roy Brooks und Jimmy Cobb. Für “Out Of The Blue” kombinierte Red vier eigene Kompositionen mit vier weniger bekannten Standards. Bei AllMusic gab Scott Yanow dem Album viereinhalb Sterne und schrieb: “Nie klang Red auf Platte besser als hier. Er zeigt ziemlich viel Originalität und eine Menge Potenzial, das aber nie wirklich ausgeschöpft wurde.” Zu Blue Note kehrte Sonny Red ein paar Jahre später als Sideman des Trompeters Donald Byrd zurück, den er 1966/67 bei vier Plattenaufnahmen begleitete. Nach nur sieben eigenen Alben verlegte sich Sonny Red Anfang der 1970er weitgehend aufs Unterrichten und Komponieren. Im Alter von nur 48 Jahren verstarb er im März 1981 (kurioserweise fast zur selben Zeit wie ein bekannter Mafia-Capo, der denselben Spitznamen trug).
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