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Höher, weiter, Ella – Ella Fitzgeralds legendäre JATP-Aufnahmen

Jazz At The Philharmonic, dritter Streich: Nach Oscar Peterson und Lester Young werden jetzt auch Ella Fitzgeralds legendäre JATP-Aufnahmen erstmals komplett als LP aufgelegt.
JATP Plattenteller - Ella Fitzgerald
JATP Plattenteller - Ella Fitzgerald
07.05.2018
In den letzten beiden Kolumnen dieser Rubrik haben wir die LP-Premieren der Jazz-At-The-Philharmonic-Aufnahmen von Oscar Peterson und Lester Young vorgestellt. Das Beste kommt wie immer zum Schluss: Ella At The Philharmonic!
Im Gegensatz zu den beiden anderen LPs kann man hier allerdings nicht von einer völligen LP-Premiere sprechen, denn bereits 1983 waren Teile der zwischen 1949 und 1954 entstandenen Ella-Aufnahmen als einfache Mono-LP veröffentlicht worden. Die jetzige Neuauflage als schmucke 2 × 180gr-Doppel-LP mit Downloadcodes enthält allerdings erstmalig auf Vinyl auch all jene Titel, die lediglich auf einer 2016er CD-Version inkludiert waren. Die Gesamtheit aller jetzt auf Vinyl vorliegender Mitschnitte bestätigt einmal mehr den Verdacht, den schon die 1983er Monoveröffentlichung hatte aufkommen lassen: Es gibt wohl keine vollständigere Vokalistin als Ella Fitzgerald es war. Ihre Vielseitigkeit ist dabei mindestens so beeindruckend wie die Interaktion mit dem Publikum gekonnt. Das zeigt sich unter anderem bei der 1949 zusammen mit Lester Young und Charlie Parker in der New Yorker Carnegie Hall festgehaltenen “Flyin’ Home”-Interpretation, auf der Fitzgerald – keinem Instrumentalisten der Welt in irgendeiner Weise nachstehend – zu einem derart beeindruckenden Improvisations-Scat ansetzt, dass es den beiden ihr nachfolgenden Bläsern nur schwer gelingt, auf ihre Performance noch eins draufzusetzen.  
Dass Ella Fitzgerald aber nicht nur mit technischen Finessen zu beeindrucken wusste, sondern sich als humorbegabte Entertainerin ebenso erfolgreich in Szene setzte, davon zeugt die beim selben Konzert aufgenommene Version des “Basin Street Blues”: Schon vor dem Stück kündigt sie an, diese Nummer so singen zu wollen, wie Louis Armstrong es getan hätte. Und nach ein paar Strophen Ella-Style bricht dann der Armstrong in ihr durch: Sein gutturales Grollen, die Zwischenbemerkungen ans Publikum, sein typischer Scat-Style. Das Publikum: Begeistert!  
Von den weiteren 1949er Aufnahmen verblüfft vor allem das mit Abstand längste Stück auf der hier vorliegenden Veröffentlichung, “Perdido”. Ella begnügt sich die erste Hälfte des Stückes mit dem gut zu hörenden Anfeuern ihre Musikerkollegen auf der Bühne, um dann – nach mehr als vier Minuten – und anfangs noch weit weg vom Mikrofon doch noch ihren Teil beizutragen. Eine beeindruckende Demonstration musikalischer Finesse.
Auch wenn das Schaffen Ella Fitzgeralds sicherlich zu den Bestdokumentiertesten gehört – diese Jazz-At-The-Philharmonic-Aufnahmen machen deutlich, dass selbst die wenigen weißen Stellen, die überhaupt noch übrig sind, jede Veröffentlichungs-Anstrengung rechtfertigen. Bei Mitschnitten, die mindestens 35 Jahre lang nicht mehr auf Vinyl verfügbar waren, bedarf es diesbezüglich sowieso keines weiteren Kommentars.
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