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Großer Moment im Nachtclub – “Ella At Zardi’s” auf LP

Mehr als 60 Jahre nach dem Mitschnitt erscheint Ella Fitzgeralds Konzert im Hollywood-Nightclub Zardi’s zum ersten Mal auf Vinyl
Plattenteller - Ella At Zardi's
Plattenteller - Ella At Zardi's
15.08.2018
Kaum eine Episode im professionellen Leben Ella Fitzgeralds kommt ohne Hinweis auf Norman Granz aus. Die Geschichte um den vor mehr als sechs Jahrzehnten im legendär eleganten Zardi’s-Club auf dem Hollywood Boulevard in Los Angeles mitgeschnittenen Live-Auftritt ebenso wenig. Der Bürgerrechte-Verfechter, Konzert-Promoter und Jazz-Business-Wizzard Granz hatte Fitzgerald schon ein paar Jahre gemanagt, ihr Vertragsverhältnis zum Decca-Label zu ihren und seinen Gunsten gerade erfolgreich aufgelöst und war im Begriff, die gemeinsame Zusammenarbeit mit seiner eigenen Neugründung Verve Records auf die nächste Stufe zu befördern. In die Zeit der ersten Single-Aufnahmen für Granz' neues Label fiel auch ein dreiwöchiges Engagement Fitzgeralds in einem der damaligen – heute würde man sagen – Jazz-Hubs an der amerikanischen Westküste: Zardi’s war ein Los-Angeles-Live-Club, der sich sowohl durch sein exzellentes Booking (u.a. Stan Getz, Jimmy Giuffre, Oscar Peterson) als auch durch seine nicht minder illustre Gästeschar (u.a. Marlon Brando, Marylin Monroe) auszeichnete – der Nähe zu Hollywood sei’s gedankt. In der zweiten von drei Konzert-Wochen schnitt Granz ein zweiteiliges Set Fitzgeralds mit – und sorgte so für die erste Live-Aufnahme seines noch jungen Labels.
Dass dieses Tondokument der Menschheit mehr als ein halbes Jahrhundert vorenthalten blieb, ist auch schon der einzige Wermutstropfen. Ansonsten entpuppt sich “Ella At Zardi’s” als ein Hörgenuss ohne Abstriche. Die zum Zeitpunkt der Aufnahmen fast 40-jährige Ausnahme-Sängerin zieht alle Register: Von tief einfühlsamen Balladen à la “Cry Me A River”, über beschwingt Humorvolles im Midtempo-Bereich (“A-Tisket”, “A-Tasket” und “Why Don’t You Do Right?”) bis zu Hochgeschwindigkeits-Scatting im Stile von “Airmail Special” und exaltierten Vokalimprovisationen wie “Bernie’s Tune” – sie allein steht mit Bravour im musikalischen Mittelpunkt. Und nur sie.
Was nicht heißen soll, ihre Mitmusiker wären nicht auf Ohrenhöhe. Im Gegenteil: Don Abney, Vernon Alley und Frank Capp am Klavier, Bass und Schlagzeug respektive, sind perfekt. Denn sie haben nur ein Ziel: Ella den Raum zu geben, den sie braucht. Und in jeder Sekunde nutzt. Dass es auf dem ganzen Album kein Solo außer denen von Fitzgerald gibt, passt dazu wie “A Star” zu “Is Born”. Aber nicht nur musikalisch hält Ella die Große das Heft in der Hand. Mit großer Lust und Leichtigkeit interagiert sie mit dem Publikum, reagiert auf Song-Wünsche, ruft einzelne Anwesende aus und zweifelt laut an ihrem Text-Gedächtnis. Die enthusiastische Reaktion der Anwesenden scheint auch Fitzgerald zu immer neuen Höhen anzuspornen.  
Wo grad von Höchstleistung die Rede ist: Das gilt auch für Seth Foster, der das Mastering der Original-Bänder für die Doppel-LP verantwortet hat. Die 180-Gramm-Pressung klingt warm, volumig und vollrund – in einem Wort: famos. Stimme und Instrumente sind hervorragend ausbalanciert und auch die Live-Atmosphäre ist perfekt eingefangen. Die charmante Coverillustration wirkt auf LP-Größe natürlich viel besser als bei der bereits vor einiger Zeit veröffentlichten CD, die Linernotes und alle relevanten Aufnahmeinformationen werden auf einem schön gestalteten Beilageblatt mitgeliefert und ein Album-Download-Code rundet die Sache ab.
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