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Erstmals auf Vinyl: Meisterwerke von Helen Merrill, Tigran Hamasyan und Rokia Traoré

Als diese Alben ursprünglich erschienen, befand sich Vinyl auf dem absteigenden Ast. Nachdem sich der Trend umgekehrt hat, kommen sie nun erstmals als LPs heraus.
Tigran Hamasyan "A Fable" / Helen Merrill "Lilac Wine" / Rokia Traoré "Tchamantché"
Tigran Hamasyan "A Fable" / Helen Merrill "Lilac Wine" / Rokia Traoré "Tchamantché"
23.09.2021
Diese LPs und weitere finden Sie in unserem JazzEcho-Store.
Helen Merrill – Lilac Wine
“Die Wiederentdeckung Helen Merrills ist eine der schönsten Begleiterscheinungen des anhaltenden Vocal-Jazz-Trends”, schrieb Thomas Fitterling 2000 in Rondo. Anlass war damals ein neues Verve-Album der kroatischstämmigen Jazzdiva, die 1930 als Jelena Ana Milcetic in New York zur Welt gekommen war. “Es gibt kaum eine großartigere Diseuse des stilistisch offenen Modern Jazz als Helen Merrill.” Dies bewies Merrill drei Jahre später auch auf dem Album “Lilac Wine”, das sie mit ihrem langjährigen musikalischen Begleiter und Pianisten Torrie Zito, Trompeter Lew Soloff, Bassist George Mraz, ihrem Gitarre spielenden und ebenfalls singenden Sohn Alan Merrill sowie einem 32-köpfigen tschechischen Orchester in Prag aufgenommen hatte. Was damals keiner ahnte: es sollte ihr letztes Album überhaupt sein. Das Repertoire, das die damals 73-Jährige bei dieser Gelegenheit präsentierte, war erstaunlich eklektisch: neben Jazzstandards wie dem Titelsong und Dimitri Tiomkins “Wild Is The Wind” interpretiert sie mit ihrer rauchig-warmen Stimme u.a. Elvis Presleys “Love Me Tender”, Ivan Lins’ “The Island” und sogar eine ebenso überraschende wie gelungene Coverversion des hymnischen Radiohead-Songs “You”. Dabei drückt Helen Merrill fast allen Songs den Stempel einer oftmals schmerzlichen Melancholie auf.
Rokia Traoré – Tchamantché
In der Sprache der Bambara, einer im Südosten Malis angesiedelten ethnischen Gruppe, bedeutet “Tchamantché” soviel wie “Gleichgewichtspunkt”. Und auf ihrem so betitelten vierten Album versuchte die malische Sängerin, Songschreiberin und Gitarristin Rokia Traoré 2008 einen solchen Gleichgewichtspunkt zwischen den musikalischen Traditionen ihrer Heimat und der Moderne zu finden. Das Album, das sie ihrem zwei Jahre zuvor verstorbenen Landsmann Ali Farka Touré gewidmet hatte, einem der international bekanntesten Musiker des afrikanischen Kontinents, war zugleich ein Wendepunkt in Rokia Traorés Karriere. Hatte sie zuvor einen Großteil ihrer Zeit damit verbracht hat, sich mit der malischen Musiktradition auseinanderzusetzen, so offenbarte sie auf “Tchamantché” nun einen einzigartigen neuen Sound, bei dem sich E-Gitarrenriffs mit den uralten Klängen malischer Instrumente vermischten und ihrer kristallklaren Stimme einen neuen Rahmen gaben. Obwohl Traoré seit jeher eigentlich minimalistische und gefühlvolle akustische Balladen bevorzugte, lässt sie hier Blues- und sogar Rockeinflüsse deutlich erkennen. Mit “Tchamantché” präsentierte Rokia Traoré ein gleichermaßen intimes und üppiges Album, das von ihrer künstlerischen Reife zeugte.
Tigran Hamasyan – A Fable
Auf seinem ersten Verve-Album “A Fable” präsentierte der armenische Pianist Tigran Hamasyan 2011 eine Kollektion dynamischer Solostücke. “Auf den Titel des Albums kam ich, weil alle Kompositionen eine Geschichte erzählen”, erläuterte er damals. “Ich glaube, die Menschen fühlen sich zu Fabeln hingezogen, weil sie einfach und doch tiefgründig sind.” Ganz so ist auch die Musik auf “Fables”. Die Bandbreite der dreizehn überwiegend lyrischen Songs reicht von charmant verfeinerten Stücken bis hin zu schwungvollen Experimenten mit rhythmischer und harmonischer Vielfalt. Hamasyan, der 2006 den renommierten Internationalen Jazz-Piano-Wettbewerb des Thelonious Monk Institute gewann, zählt zu der vitalsten und originellsten Jazzkünstlern der Gegenwart. Bei seinen eigenen Werken lässt er sich oft von armenischer Volksmusik oder Dichtung inspirieren. Auf “A Fable” bietet der Pianist neben zahlreichen Eigenkompositionen auch zwei von ihm überarbeitete armenische Volkslieder, eine mystische Interpretation des Jazzstandards “Someday My Prince Will Come” und die Aufnahme eines Werkes von Georges Ivanovich Gurdjieff und Thomas de Hartman.
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