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Ein Gedicht – Charles Lloyds audiophiles Album

Ein “Tone Poem” in der Tone-Poet-Serie. Charles Lloyds aktuelles Werk ist die erste Album-Neuveröffentlichung innerhalb Blue Notes umjubelter LP-Serie.   
JazzEcho-Plattenteller: Charles Lloyd - Tone Poem
JazzEcho-Plattenteller: Charles Lloyd - Tone Poem
25.03.2021
Diese LP und weitere aus der Tone-Poet-Serie finden Sie in unserem JazzEcho-Store.
Normalerweise ist es allein gestandenen Wiederveröffentlichungen in ihrer x-ten Auflage vorbehalten, die höheren Weihen von Blue Notes Tone-Poet-Serie zu erfahren: audiophile, rein analoge Aufbereitung, 180 Gramm schweres Vinyl und verschwenderisches Artwork. Kurz: Mehr Vinyl-Culture geht nicht. Dass Charles Lloyd und seinen Marvels diese Ehrung anlässlich ihres allerneuesten Werkes "Tone Poem“ zuteilwird, liegt natürlich nicht am Titel; also nicht nur, jedenfalls…
Dabei kommt dieser release-technische Ritterschlag zum rechten Zeitpunkt. Als fast Mitte 80-jähriger hat er das Bergfest in Sachen Oeuvre aller Wahrscheinlichkeit nach hinter sich und darf sich deshalb auch ganz dem Spaß an der Freude widmen; von seinen Fähigkeiten als Ton-Dichter hat Charles Lloyd die Welt längst überzeugt. Apropos: Bei lediglich drei der Kompositionen handelt es sich um Stücke aus der Feder des Saxophonisten. Die anderen sechs Klang-Gedichte stammen von Ornette Coleman, Leonard Cohen, Thelonious Monk, Villa Fernandez und, last but not least, der tragischen Figur des Inbegriffs magyarischer Sechs-Saiten-Kunst: Gabor Szabo.
Klar, schnörkellos, von funktionsästhetischer Reinheit – so wie das von Dorothy Darr und Lloyd verantwortete Klangbild gestaltet sich auch die Aufmachung der Vinyl-Ausgabe. Allein der haptische Eindruck des fast 0,7 Kg schweren Gatefolds mit deichdicker Pappe ist ungemein wertig. Dazu das Cover mit dem beeindruckenden Portraitfoto eines Mannes, dessen Augen zu sagen scheinen: Ich hab‘ den Urknall gesehen und, Kinder, es war gar nicht so schlimm. Das weitgehend in Schwarzweiß gehaltene Design verstärkt die Aura der Zeitlosigkeit von Werk und Autor. In eine ganz ähnliche Richtung drängt auch die Typo mit ihren ankernden Serifen. Alles sagt: Wir haben das Leben erfahren; wir wissen, was geht und was nicht; nur bewerten wollen und können wir’s nicht – findet’s doch selber raus, das kann auch Spaß machen.
Mit "Tone Poem“ gelingt dem Jazz-Veteran ein zwischen weltmännischer Abgeklärtheit und kindlicher Neugier hin- und her schwankendes Album voller selbstloser Hinweise auf die Schönheit des Lebens und der Musik. Ganz besonders schön auf Vinyl wie diesem.
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