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Charlie Parker – Bird: The Complete Charlie Parker On Verve

Charlie Parker
Charlie Parker
07.01.2009
Ein gefundenes Fressen für alle leidenschaftlichen Sammler und Jäger historischer Jazzaufnahmen sind die monumentalen CD-Boxen, die von Verve in den 80er und 90er Jahren in luxuriösen Editionen herausgegeben wurden. Die in einmaliger Auflage erschienenen Schmuckstücke entwickelten sich schnell zu gefragten Liebhaberobjekten. Heute noch eine der Originalausgaben aufzutreiben, ist zwar nicht vollkommen unmöglich, aber zum einen schwierig und natürlich etwas teuerer. Da freut es natürlich alle Jazzfreunde, die sich den Luxus der Erstausgaben nicht leisten konnten, wenn diese Boxen in preiswerterer Aufmachung und für einen ökonomischeren Preis wieder auf den Markt gelangen. In musikalischer Hinsicht muss der Jazzfan dabei selbstverständlich keine Abstriche machen: Die Tracks sind in dieser Ausgabe komplett und im selben hochwertigen Remastering versammelt wie in den Original-Boxen. Die Booklets enthalten allerdings lediglich diskographische Angaben und keine Fotos oder Linernotes. Die CDs sind in stabilen Multi-Jewelboxen verpackt, die wiederum in attraktiv illustrierten Pappschubern stecken.

Bereits mehrfach angekündigt (und bedauerlicherweise immer wieder verschoben) wurde die Wiederveröffentlichung der 1988 erstmals herausgegebenen Charlie-Parker-Box “The Complete Charlie Parker On Verve”, deren zehn CDs das gesamte Œuvre umfassen, das der wichtigste Altsaxophonist des Jazz für Norman Granz’ Verve-Label aufgenommen hat: Von den Live-Mitschnitten seines “Jazz At The Philharmonic”-Auftritts im Januar 1946, wo er sich u.a. zusammen mit Lester Young und Dizzy Gillespie präsentierte, über die 1950er Sessions mit Gillespie, Thelonious Monk, Curley Russell und Buddy Rich bis hin zu den Quintett-Aufnahmen mit Pianist Walter Bishop Jr., Gitarrist Billy Bauer, Bassist Teddy Kotick und Schlagzeuger Art Taylor im Dezember 1954. Da Parker zwischen 1949 und 1954 exklusiv bei Verve unter Vertrag stand und bereits im März 1955 starb, dokumentieren diese Aufnahmen ausführlich eines der wichtigsten Kapitel der Jazzgeschichte. An der Seite von Parker sind hier neben den bereits genannten Musikern außerdem noch andere Jazzlegenden wie Mario Bauzá, Ray Brown, Benny Carter, Kenny Clarke, Buck Clayton, Miles Davis, Kenny Dorham, Harry “Sweets” Edison, Roy Eldridge, Gil Evans, Freddie Green, Coleman Hawkins, Roy Haynes, Percy Heath, Neal Hefti, Johnny Hodges, Hank Jones, Barney Kessel, John Lewis, Machito, Charles Mingus, Chico O’Farrill, Oscar Peterson, Chano Pozo, Max Roach, Red Rodney und Ben Webster zu erleben.

In einer bemerkenswert kurzen Zeitspanne war es Charlie Parker gelungen, die Regeln des Jazz  umzuschreiben und sich als einer der wichtigsten Musiker des 20. Jahrhunderts zu etablieren. Sowohl als virtuoser Altsaxophonist, innovativer Komponist, trendsetzender Bandleader und Triebfeder bei der Entwicklung des modernen Jazz setzte er Zeichen. Als er am 12. März 1955 nur 34jährig verstarb, war er schon längst “unsterblich”.

Dabei war Parkers Karrierestart alles andere als viel versprechend gewesen. Als er bei einer Session mit Schulkameraden erstmals mit seinem zusammengeflickten Altsax mitjammen wollte, erntete er von diesen nur schallendes Gelächter. Charlies Repertoire bestand damals gerade mal aus “Honeysuckle Rose” und “Body And Soul”, die er auch nur in einer Tonart spielen konnte. Nicht besser erging es ihm, als er Jahre später – nun bereits 15 Jahre alt – dreist zu seinem Idol Lester Young auf die Bühne stieg und mitspielte. Young hörte sich Parkers Gemurkse kurz an und läutete dann die Glocke, die er für solche Ignoranten bei sich trug, um ihn zu stoppen. Der Teenager spielte indes unbeirrt weiter, bis ihm schließlich Drummer Jo Jones in demütigender Weise ein Becken vor die Füße knallte. Das Ego Charlies, der sich schon damals für den weltbesten Saxophonisten gehalten haben soll, erhielt einen immensen Knacks. Nachdem er den Schock überwunden hatte, übte er wie versessen… der Rest ist Jazzgeschichte und zu einem guten Teil auf diesen zehn CDs, die 176 Aufnahmen umfassen, nachzuhören.