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Hadens Vermächtnis – Letzte Aufnahmen mit dem Liberation Music Orchestra

Charlie Haden by Michael Piazza
Charlie Haden by Michael Piazza
14.10.2016
Von all den Formationen, die der Bassist Charlie Haden in seiner langen Karriere leitete, lag ihm keine so sehr am Herzen wie das 1969 gegründete Liberation Music Orchestra. Trotzdem spielte er mit der stets exzellent besetzten Großformation, sehr zum Bedauern seiner vielen Fans in aller Welt, nur wenige Alben ein. In 35 Jahren entstanden nur vier beeindruckende Studioklassiker – “Liberation Music Orchestra” (Impulse!, 1970), “The Ballad Of The Fallen” (ECM, 1983), “Dream Keeper” (Blue Note, 1990) und “Not In Our Name” (Verve, 2005) – und das 1989 aufgenommene fesselnde Live-Album “The Montreal Tapes: Liberation Music Orchestra” (Verve, 1999). Ein paar Jahre vor seinem Tod im Juli 2014 hatte Haden die konzeptionelle Idee zu dem Album “Time/Life (Songs For The Whales And Other Beings)”, konnte die Aufnahme aber nicht mehr selbst vollkommen verwirklichen. Vollendet wurde das Album letztes Jahr schließlich unter der Leitung von Hadens Vertrauter Carla Bley. “Carla”, pflegte der Bassist zu sagen, “hört Musik exakt so wie ich mir die Arrangements wünsche.”
Die Idee für “Time/Life” hatten Haden und seine Frau Ruth Cameron im Jahre 2007. Sie waren der Meinung, dass die Umwelt auf so gefährliche Weise missbraucht wird, dass sie dieses Thema in einem eigenen Projekt zur Sprache bringen wollten. Vier Jahre später trat das Orchester beim Middelheim Jazz Festival in Antwerpen/Belgien auf, dessen thematischer Fokus in jenem Jahr die Umwelt war. Bley versorgte das Liberation Music Orchestra für den Auftritt  mit genialen Arrangements des Bill Evans/Miles Davis-Klassikers “Blue In Green” und Hadens 1979 komponiertem Stück “Song For The Whales”. Glücklicherweise schnitt der belgische öffentlich-rechtliche Rundfunk die Live-Performance mit. Auf “Time/Life” rahmen die beiden live aufgenommenen Stücke und eine zu Herzen gehende Ansprache Hadens nun drei Studioeinspielungen, die vom Liberation Music Orchestra unter der Leitung von Carla Bley im Januar 2015 in den New Yorker Avatar Studios aufgenommen wurden.
Zwei Tage zuvor hatte in der New Yorker Town Hall eine Gedankveranstaltung für Charlie Haden stattgefunden, bei der die letzte Besetzung des Liberation Music Orchestra noch einmal zusammenkam, um sich musikalisch von dem verstorbenen Leader zu verabschieden. Den Platz des Bassisten nahm Steve Swallow ein. “Wir probten am Montag und am Dienstag fand die Gedenkveranstaltung für Charlie statt”, erinnert sich Ruth Cameron. “Am Mittwoch ging das Orchester dann ins Studio. Und jeder spürte noch immer die Anwesenheit von Charlies Seele.”
 
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